Nepal 2024
Auf dem Flug von Delhi nach Kathmandu hatten wir bereits ein erstes Mal die gewaltige Himalaya-Bergkette im Blick.
Dies war Entschädigung genug für all die Hektik am Flughafen auf den Malediven und einer kurzen Nacht auf dem Teppich am Flughafen in Delhi. So erreichten wir doch noch und sogar früher als geplant mit einem anderen Flug Kathmandu und das Geburtsland von Buddha.
Wir kauften unser Visum, packten unser Gepäck auf einen Trolley und spazierten neben all den Autos im Kreisel rüber zum Domestic Terminal. Von dort brachte uns eine kleine Propellermaschine der Yeti Air in einem 25-minütigen Inlandflug weiter nach Pokhara, wofür der Bus zwischen 10-12 Stunden benötigt hätte.
Pokhara und Umgebung
Die zweitgrösste Touristenstadt Nepals bietet selbst nicht die absoluten Sehenswürdigkeiten. Dafür bieten die Hügel rundherum einige Attraktionen, sodass wir uns nach Pumdikot aufs Land hochchauffieren liessen.
Dort fanden wir riesige Statuen von hinduistischen Göttern wie Parvati, Shivas Frau, vor. Nebenan thront die blaue Shiva Statue, um die sein Sohn Ganesha rundherum kreist.
Auch Shiva's Transporttier, ein goldener Bulle, ist nicht zu übersehen. Wir wanderten ein Stück hinunter und genossen die schöne Aussicht auf Pokhara und den See.
Bei der von Gebetsfahnen gezierten World Peace Pagoda lernten wir, dass der Buddhismus in Indien entstanden ist und sich zuerst in Japan ausbreitete. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden dann über 100 World Peace Pagoden auf der ganzen Welt erbaut, um den Frieden zu verbreiten. Wie unter jeder Stupa gibt es auch unter dieser angeblich heilige Reliquien von Buddha.
In der Wand der Pagoda sind vier goldene Buddha Statuen ersichtlich, welche die vier heiligen Orte im Buddhismus (Geburtsort in Lumbini, Erleuchtung in Bodhgaya, erste Predigt in Sarnath und Tod in Kushinagara) darstellen. Zurück im Tal stiegen wir die Treppe hinunter in die Gupteshwar Mahadev Höhle, in der sich ein Shiva Tempel befindet.
Noch ein Stück weiter unten fühlten wir uns wie in der Tamina Schlucht, als wir das hinabstürzende Wasser der Devi's Wasserfälle sahen.
Auf dem Weg zurück in die Stadt spazierten wir am schönen Phewa See entlang, auf dem hunderte Ruderboote für die Touristen eingewassert wurden.
Wir schauten den Nepalesen beim Cricket und professionellen Volleyball zu und fanden schliesslich den Weg zu unserem Hotel, was bei den hunderten von Hotels gar nicht selbstverständlich ist.
Die selbsternannte Outdoorhauptstadt der Welt weiss aber auch mit Action zu überzeugen. Dank der permanenten Thermik und wunderbaren Bergkulisse ist Pokhara einer der weltbesten Orte für Paragliding. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen - für einen Zehntel der Schweizer Preise versteht sich. Die Sicherheit leidet darunter nicht, das liessen wir uns bestätigen. Wir fuhren hoch nach Sarangkot und von dort noch ein Stück weiter nach Toripani, wo täglich zwischen 11 und 13 Uhr rund 300 Touristen in die Luft abheben.
Wegen des neuen internationalen Flughafens und des grösseren, gesperrten Luftraums gibt es nur noch einen Abflugplatz für die Gleitschirme, sodass das Gedränge in der Luft doch relativ gross ist. Dank dem neuen GPS Monitoring können aber relativ problemlos im Minutentakt die Schirmen loslegen und auch wir hingen schnell an den seidenen Fäden und in den sicheren Händen des Piloten hinter uns. Bald zogen auch die ersten Adler die Kreise über unseren Köpfen und unter uns sahen wir die Reisfelder im Flussdelta.
Dank der Erfahrung von zwei Jahren Ausbildung und tausenden von Flugstunden landeten wir wieder ganz sanft auf dem Boden.
Mardi Himal Trek
Bereits vor einem halben Jahr in Peru haben wie uns entschieden, die angedachte 17-tägige Wanderung Annapurna Circuit auszulassen und einen kürzeren Trek zu machen. Für mehr als fünf Tage wandern konnten wir uns einfach nicht motivieren, obwohl wir gerne in den Bergen sind. Wir entschieden uns gegen den bekannten Trek zum Annapurna Basecamp und für den kürzeren aber höher gelegenen Mardi Himal Trek. Dieser wurde erst vor 12 Jahren eröffnet und verläuft parallel zum ABC-Trek auf der anderen Talseite. Nachdem wir unsere Trekking Permits gekauft hatten, fuhren wir nach Kande hoch auf 1700m. Dort schnürten wir unsere Wanderschuhe und liefen zum Australian Camp hoch, das eigentlich Austrian Camp heissen sollte. Wir passierten wie täglich über 100 Leute den Checkpoint ins Annapurna Massiv und sahen erstmals die mächtigen Berge vor uns.
Unsere erste angedachte Nacht in Pittam Deurali verlegten wir in höhergelegene Camps und hängten noch eine Tagesetappe an, wodurch wir den Trek von offiziellen 5 auf 4 Tage verkürzten. Wir wanderten an badenden Büffeln vorbei und durch moosbewachsene Wälder zum Forest Camp, wo wir ein erstes Mal in einem der vielen Teehäuser nächtigten. Hier stellte sich heraus, dass der Kitkat-Preis mit Fr. 2 gleich teuer ist wie eine Übernachtung für eine Person. Dies wird damit gerechtfertigt, weil alles in Körben hochgetragen werden muss, weshalb auch alle Preise im nächsthöheren Camp immer um knapp Fr. 0.50 anstiegen.
Über die vielen Treppen liefen auch wir hoch zum Low Camp und passierten viele andere Touristen, die mit Guide und Porter (Träger) unterwegs waren.
Obwohl es offiziell seit einem Jahr Vorschrift ist, einen Guide anzuheuern, wurde uns gesagt, man darf auch alleine losziehen - das soll mal einer verstehen. Kontrolliert wird anscheinend gar nirgends, weil die Checkpoints nie personell besetzt wurden. Wir liefen den blühenden Rhododendren entlang und sahen das Ausmass der Marienkäferplage, die hier besteht.
Auch beim High Camp auf 3‘500m fanden wir einen Schlafplatz und durften uns am Schwedenofen aufwärmen, der einzigen Wärmequelle hier oben. Dick eingepackt brachen wir um halb fünf auf und liefen an den letzten Schneehaufen vom Winter vorbei. Über gefrorene Grasböden ging es hoch zum Upper Viewpoint, wo wir eine grandiose Aussicht auf den Mardi Himal und den noch viel berühmteren Machapuchare dahinter hatten.
Letzterer wird auch als nepalesisches Matterhorn oder Fischschwanz bezeichnet, da er von der Seite wie ein solcher aussieht, von vorne aber eher dem Schweizer Pendant gleicht. Mit 7’000m ist er aber einiges höher, steht jedoch zusammen mit dem Matterhorn auf diversen Listen der fünf schönsten Berge der Welt. Da er als Sitz des Buddhas gilt und ein heiliger Berg ist, darf er nicht bestiegen werden. Die meisten Touristen drehten hier um, wir aber gingen weiter zum unteren Basecamp und hatten eine super Aussicht auf die andere Talseite und den Annapurna Südgipfel.
Danach ging es noch ein Stück weiter hoch, bis wir aber 100m vor dem Upper Basecamp entfernt kapitulieren mussten, weil uns steile Schneefelder den Weg auf 4’500m versperrten. Die Vernunft und der gesunde Menschenverstand siegten und so sahen wir beim Abstieg zurück zum Low Camp immerhin noch ein paar Schneehühner und einen Royle-Pfeifhasen ohne Schwanz.
Da wir zu früh zurück gewesen wären, machten wir auf der letzten Etappe noch einen Abstecher ins andere Tal runter nach Landruk. Wir wanderten über Terrassen, auf denen Gemüse angepflanzt wird, und überquerten unten im Tal den Fluss, nur um auf der anderen Seite über die Treppen wieder hoch nach Ghandruk zu gelangen. Das vielleicht berühmteste Hoteldorf der Gegend weist nebst den schönen Gässchen auch ein Kloster und ganz viele Kornfelder auf.
Weil der letzte öffentliche Bus angeblich bereits weg war, fanden wir in einem Tourbus einer indischen Reisegruppe noch zwei freie Plätze, um auf der vielleicht schlechtesten Strasse in ganz Nepal zurück nach Pokhara zu gelangen. Für die 58km benötigten wir über 3 Stunden und waren froh, dass die Strasse weiter in den Süden ins flache Terrai-Gebiet (Tiefebene) nach Sauraha zumindest etwas besser war.
Chitwan Nationalpark
Bereits vom Dorf aus sahen wir wenige Meter vor uns unten am Fluss die ersten Krokodile. Nebenan befreiten Parkranger den Fluss vom vielen Plastikmüll. Wir genossen den herrlichen Sonnenuntergang bei einem Drink, als vor uns im Fluss plötzlich etwas auftauchte.
Es war ein erstes Nashorn, das am Baden und Seegras fressen war, um so seinen Körper von innen abzukühlen.
Als dann auf der anderen Flussseite kurz später der erste Elefant aus dem Wald an den Fluss runter gelaufen kam, waren unsere Erwartungen für die nächsten Tage bereits erfüllt. Am nächsten Morgen früh setzten wir uns in den wackligen Einbaum rein, um uns flussabwärts treiben zu lassen.
Wir passierten ein schlafendes Nashorn sowie einige Krokodile am Flussufer und hörten die Pfaue balzen. Auch viele verschiedene Vögel, speziell die schwarz-weissen und blauen Kingfisher, waren bereits sehr aktiv wie auch die Rhesusaffen in den Baumkronen. Der 952 Quadratkilometer grosse Chitwan Nationalpark wurde 1973 gegründet und reicht im Süden bis an die Grenze nach Indien. Chitwan bedeutet „Herz des Dschungels“ und das Gebiet war früher ein beliebtes Jagdrevier. Der grösste Nationalpark Nepals ist mittlerweile aber vor allem wegen der grossen Nashornpopulation von über 700 Exemplaren bekannt, Tendenz steigend. Von den 55 weiteren Säugetierarten wollen die Touristen meist einen der 350 Lippenbären, 120 Tiger, 110 Leoparden oder rund 25 Elefanten in freier Wildbahn erspähen. Da man bei einer Walking Safari die besten Chancen hat, wollten auch wir es wagen und kleideten uns dem Wald entsprechend in braun-grün, damit wir als leichtes Fressen im Dickicht nicht allzufest auffallen. Rote, gelbe und weisse Kleidung war deshalb verboten und auch das kurze Safety Briefing zu Beginn liess unseren Adrenalinpegel und Puls schnell ansteigen. Bei einer Attacke von einem Nashorn sollen wir Zickzack springen und auf einen Baum hochklettern, was beim Lippenbär nichts nützt, da er ein guter Kletterer ist. In diesem Fall müssten wir zusammenstehen und Lärm machen. Dem Tiger und Leopard hingegen müssen wir in die Augen schauen und langsam rückwärts laufen. Beim Elefant hilft nichts von all dem und wir können nur noch beten, hiess es. Wir wurden mit einem Holzstecken zur Abwehr ausgerüstet (alles andere ist nicht erlaubt) und stapften mit je einem Guide vor und hinter uns los.
Neben einem Baumwollbaum, aus dem die Baumboote gebaut und die Baumwolle gewonnen werden, sahen wir einen riesigen frischen Haufen von Nashornexkrementen. Unweit dahinter versteckte sich ein Jungtier im Dickicht. Während die Nashornmütter 18-20 Monate trächtig sind, dauert es bei den Elefanten gar 20-24 Monate. Nashörner sehen zwar nicht viel, hören und riechen aber sehr gut, weshalb wir wegen unseres Eigengeruchs nur kurz bleiben konnten und dann wieder gebückt durchs Dickicht zogen. Über unseren Köpfen flogen eine Eule und Papageien hinweg, auf den Felder starrten uns die unzähligen Axishirsche an und die Pfauen balzten um die Weibchen. In einem Tümpel entdeckten wir ein weiteres Nashorn beim Baden, dessen Schürfwunden darauf hindeuteten, dass sich der Dickhäuter wohl vor ein paar Tagen mit einem Artgenossen einen grösseren Kampf geleistet hatte und sich nun erholte.
Die Panzernashörner leben alleine und kommen nur noch hier und im Kaziranga Nationalpark in Indien vor. Sie werden bis 55 Jahre alt und können ein Gewicht von 2.5 Tonnen erreichen (vs. Elefant 5 Tonnen). Am Boden entdeckten wir Tigerspuren, aber die Raubkatzen lassen sich nicht allzu oft blicken.
An mehreren Orten sahen wir die „staatlichen“ Elefanten mit einem Mahut (Führer) und Parkranger, welche die Dickhäuter für Parkkontrollgänge verwenden.
Jedes Jahr sterben 1-2 Guides und Touristen bei Tierattacken, wobei erst kürzlich ein Tourist in der Nähe des Dorfes von einem Elefanten totgetrampelt wurde. Plötzlich schrie der Guide hinter uns „Bär!“ und wir sahen in der dunstigen Ferne, wie ein Lippenbärweibchen mit zwei Jungen auf dem Rücken davonsprang.
Beim Fluss entdeckten wir mehrere Gavial-Krokodile, die man an ihrer langen, dünnen Schnauze erkennt.
Sie werden bis zu 7m lang, leben nur im Wasser und sind deshalb bedrohter als die „normalen“ Krokodile, weil ihre Jungen in der Regenzeit davongeschwemmt werden. Pünktlich zum Sonnenuntergang gelangten wir wieder zurück in die Zivilisation, bevor die Safari am nächsten Morgen per Jeep in der Pufferzone zwischen Park und Dorf weiterging.
Wir sahen wieder duzende Pfaue, Axishirsche, die kleinen Muntjakhirsche sowie die grösseren Pferdehirsche und fuhren durch die Tiger Zone, in der letztes Jahr fünf Einheimische von einer Raubkatze getötet wurden. Wir sahen stattdessen nochmals ein Nashorn im Gebüsch und auch am Abend beim Nachtessen an der Strasse gab es erneut grosse Aufregung, als unmittelbar neben uns ein Dickhäuter seelenruhig durchs Dorf trampelte.
Dies ist wohl auch der Grund, weshalb man sich nach 20 Uhr nicht mehr draussen aufhalten sollte. Mit dem Sofa-Bus, dessen gut gepolsterte Sitze die vielen Schlaglöcher gut abfederten, fuhren wir weiter nach Kathmandu und von dort nach Bhaktapur.
Bhaktapur und Umgebung
Wir trafen pünktlich zur landesweit grössten Neujahrszeremonie „Bisket Jatra“, die über neun Tage verteilt stattfand, in Bhaktapur ein, um den Start ins Jahr 2081 zu feiern. In den Strassen der schön roten Altstadt bummelten wir zu einem Tempel, bei dem die Einheimischen diverse Gegenstände für Glück im neuen Jahr opferten.
Während die Frauen Blumen und verschiedene Lebensmittel niederlegten, reihten sich die Männer mit je einem lebendigen Hahn auf. Nachdem im Tempel drin sein Kopf mit einem Messer abgehackt und geopfert wurde, wurde draussen das Blut des toten Hahns (ohne Kopf) auf eine Götterstatue getropft. Beim Pottery Platz, auf dem im Normalfall viele Töpfe der bekannten Töpferei ausgestellt sind, wurde am Silvestertag ein riesiger Baumstamm geschmückt und angemalt.
Anschliessend wurde er in einem kräftezehrenden, zweistündigen Prozess Schritt für Schritt händisch mit unzähligen Seilen in die Senkrechte gezogen. Danach kletterten die meist jungen Männer an den Stricken hoch, um von oben Geld in die Menge darunter zu werfen.
Am Abend wurde der Streitwagen durch die Gassen gezogen und von den Menschenmassen bis zu einem Platz verfolgt, auf dem ein Baumstammkreuz aufgerichtet wurde. Am Neujahrstag zogen viele kleine Guggenmusiken durch die Strassen und wiederum wurden Opfergaben erbracht - diesmal nebst Hühnern auch Enten und Ziegen auf dem Streitwagen, der gleichzeitig auch als Tempel diente.
Die Frauen kleideten sich meist in rot und auch die Kinder und älteren Herren mit ihren Topi-Hüten waren traditionell gekleidet. Am Abend des Neujahrstages wurde das Baumstammkreuz wieder gefällt resp. von den rivalisierenden Nachbarschaften auf ihre Seite runtergezogen. Danach fuhr auch der Streitwagen wieder zurück durch die Gassen.
Bhaktapur galt einst als Hauptstadt von Nepal und war als eigenständiges Land von Grenzmauern umgeben. Mittlerweile ist der Ort die Kulturhauptstadt des Landes und zählt zu den zehn saubersten Städten Asiens. Beim Durbar Square, dem Hauptplatz der ehemaligen Königsstadt, sind viele Gebäude vom schweren Erdbeben 2015 gekennzeichnet und werden mit Balken gestützt.
Wir besichtigten den königlichen Palast und beim Taumadhi Platz den fünfstöckigen Tempel, der mit seinen 30m zu einem der Höchsten des Landes zählt.
Überall in der Stadt gibt es diverse Buddhatempel, in denen auch die Leute drin leben.
Mit dem Bus fuhren wir nach Dhulikhel hoch, von wo wir die offiziell 3-tägige Wanderung in der Hälfte der Zeit in Angriff nahmen. Hoch über 1‘000 Treppenstufen ging es los zu einem goldigen Buddha.
Auch auf dem weiteren Weg über die Ackerfelder kamen wir immer wieder an buddhistischen Stupas vorbei.
Wir beobachteten die Einheimischen beim Mais schälen und wurden sogleich auf einen längeren Schwatz eingeladen. In Namo Buddha angekommen traten wir in das schöne, tibetisch-buddhistische Kloster ein.
Das riesige Kloster ist älter als jenes am Geburtsort Buddhas in Lumbini und beherbergt über 250 Gläubige.
Die Mönche sind zu unserem Erstaunen alle sehr jung und kommen oft aus abgelegenen Gebieten, wenn sie dort keinen Bildungszugang haben. In der schön verzierten Klosterhalle und den anderen Räumen bestaunten wir die vielen Buddhafiguren und drehten an den Gebetsmühlen rund ums Kloster.
Gemäss einer Legende opferte ein Prinz vor 6’000 Jahren auf dem Hügel seinen Körper einem hungrigen Tigerweibchen, damit diese ihre fünf Jungen ernähren konnte. Seine Knochen sind in der schönen Stupa beim Dorfeingang eingemauert und er wurde danach wiedergeboren als Buddha in Lumbini.
Aufgrund dessen erhielt der Ort den Namen Namo Buddha, was soviel wie Hommage an Buddha bedeutet. Heute noch werden im Upper Mustang Valley die Toten zerstückelt und in der Natur verteilt, um dieser etwas zurückzugeben. Der Weg führte unter abertausenden von Gebetsflaggen hindurch runter zum Fluss, um über die Hängebrücke auf der anderen Seite wieder hochzusteigen.
Wir liefen inmitten der vielen Kartoffelfelder nach Balthali hoch, während die Frauen neben uns die schwere Ernte in den Körben auf ihren Rücken trugen.
Zum dunstigen Sonnenaufgang hinter den Kartoffelfeldern standen wir wieder auf, um das letzte Stück zu absolvieren.
Über eine weitere Hängebrücke, die über Kartoffelfelder führt, gelangten wir nach Panauti, von wo es per Bus nach Kathmandu weiterging.
Kathmandu
In der Hauptstadt schlossen wir uns einer Free Walking Tour an, um einige Hintergrundinformationen über die Stadt und den Buddhismus zu erhalten. In der Stadt der Tempel oder "hölzernen Tempel", was Kathmandu übersetzt heisst, dienen viele davon gar als Verkehrskreisel. In vielen Tempeln können hinduistische als auch buddhistische Figuren gefunden werden, da die Religionen im Kathmandutal fast zusammengeschmolzen sind.
Diese Tatsache ist auf die Einwohner Bhaktapurs, die Newari, zurückzuführen, da sie an beide Religionen glauben. Buddhisten verehren Buddha, der in 29 verschiedenen Buddhas abgebildet ist und von denen Siddharta Gautama wohl der bekannteste ist. Die Buddhas unterscheiden sich meist nur durch die Position der Hand oder aufgrund der Himmelsrichtung, in die sie schauen. Bei den meisten buddhistischen Tempeln gibt es fünf meditierende Buddhas, wobei einer immer unsichtbar ist. In jede Himmelsrichtung schaut ein anderer Buddha in einer spezifischen Farbe. Die Farben stehen dabei für die Himmelsrichtungen (rot Westen, grün Norden, gelb Süden, blau Osten, weiss Zentrum).
Aus denselben fünf Farben bestehen auch die Gebetsfahnen, die ursprünglich aus der tibetischen Bon-Religion stammen und somit nicht aus dem Buddhismus. Der Buddhismus war früher eine zentrale Religion in Nepal, hat sich dann aber in Indien, Sri Lanka, Thailand, Myanmar etc. ausgebreitet und kam erst später wieder zurück nach Nepal.
Schlüsselfigur im Buddhismus war der Hinduist Siddharta Gautama. Er lebte im 6. Jh. vor Chr. und begann erst mit 29 Jahren die Umgebung zu erkunden. Dabei bemerkte er das grosse Leid in der Gesellschaft und versuchte, meditierend dafür eine Erklärung sowie eine Lösung zu finden. Erst sechs Jahre später erhielt er die Erleuchtung. Seine Schriften wurden erst viel später verfasst.
Während sich bei den Buddhisten alles um Buddha dreht, verehren die Hinduisten unterschiedliche Götter, welche ihren Ursprung in den kompliziert geschriebenen und schwer zu interpretierenden Veden haben. Deshalb gibt es sechs „Schulen“, in denen man die Veden interpretieren kann. Eine davon ist Yoga, die lehrt, wie man mit dem Körper umgehen soll. Eine andere berühmte Lebensschule ist Ayurveda, die medizinische Schule. Veden definieren, dass man in sich hineinschauen und selbst lernen soll. Basierend auf den Veden wurden Puramas geschrieben, welche das Wissen etwas bildlicher und verständlicher darstellen. Dabei wurden die Gottheiten basierend auf den Elementen (Feuer, ...) erstmals erwähnt und so entstanden die Götter (Brahma als Schöpfer etc.). Die weiblichen Götter erstärken ihre männlichen Pendants, damit diese ihre Handlungen vollziehen können. Beim Betreten der Tempel werden die Glocken geläutet als Zeichen, dass man eintritt und die bösen Geister vertrieben werden. Tiere, Bäume, Pflanzen etc. werden im Hinduismus verehrt und oft bei den Tempeln geopfert.
Je grösser der Wunsch ist (z.B. Prüfung bestehen, Haus kaufen etc.), desto grösser ist auch die Opfergabe. Vom Priester bekommt man anschliessend den Segen zurück z.B. in der Form eines Tikas (Punkt auf der Stirn) oder Farbe ins Haar. Die Nepalesen glauben, dass die geopferten Tiere danach ein besseres Leben haben. Je nach gutem Karma muss man „weniger oft“ sterben, um als Mensch wiedergeboren zu werden. Verglichen zu Indien essen aber die meisten hinduistischen Nepalesen (bis auf die Brahmanen-Kaste) auch Fleisch. Hinduisten und Buddhisten haben gemeinsam, dass sie an die Wiedergeburt und an Karma glauben. Auch Tantra-Schulen und Tantra-Praktiken, mit denen die inneren Wünsche von Menschen erfüllt werden sollen, existieren in beiden Religionen. Dies erfolgt immer mit einem Lehrer und ist in Nepal gang und gäbe. Um dem Buddhismus zu folgen, muss man mittlerweile nicht mehr zwingend als buddhistischen Mönch leben. Es gibt - ähnlich wie im Christentum und Judentum - Gebote, welche die Gläubigen befolgen sollen.
Um etwas mehr über die buddhistischen Tempel zu erfahren, stapften wir die steilen Treppenstufen hoch zum Swayambunath Tempel, der wegen der vielen Rhesusaffen auch Affentempel genannt wird.
Nebst Borobudur auf Java (Indonesien) ist er einer der ältesten buddhistischen Tempel der Welt. Während eines Schwatzes beim Mittagessen mit zwei Mönchen am Tisch wurden wir sogleich ins kleine Kloster neben der Stupa und zu Buttertee eingeladen. Dies ist typisch tibetischer Tee mit Butter und Salz. Wir sahen den betenden Mönche in ihren roten Mänteln zu und lernten, dass rot oder orange wegen der Farbe des Feuers getragen wird.
Dies definiert, dass alles abbrennen kann, auch die Ignoranz. Die kurzen Haare haben die Mönche als Zeichen der Vergänglichkeit, dass nichts permanent ist und es aber auch pur und sauber ist. Wir durften mithelfen, einige der 108 Butterlampen anzuzünden, die jeweils an den wichtigsten Tagen des Monats (8., 10., 15. und 30.) erleuchtet werden.
108 ist im Buddhismus eine wichtige Zahl, denn es entspricht der Anzahl Lehren und auch eine grosse Buddhalampe steht für 108 kleine. Die Buddhalampen bringen Licht ins Dunkle, denn das Dunkle steht für das Schlechte wie Neid, Geiz etc. und soll verschwinden. Allgemein hat im Buddhismus vieles mit der Leere zu tun, was impliziert, dass noch viel Potential vorhanden ist.
Beim zweiten grossen buddhistischen Tempel der Stadt, der Boudhanath Stupa, sahen wir im inneren Kreis die betenden Buddhisten auf den Holzbrettern. Hier gibt es sogar eine offizielle Taubenfütterungsstation mit erlaubten Zeiten - natürlich um sein Karma aufzubessern.
Stupas gab es bereits vor dem Buddhismus und sie waren Andenken an prominente Herrscher. Buddhisten haben später diese Stupas adoptiert, um diejenigen Gurus und Buddhas zu ehren, die erleuchtet wurden. Dank den Stupas verfallen die Reliquien der Erleuchteten nicht, sondern bleiben erhalten. Die Boudhanath Stupa gilt als wunscherfüllendes Juwel, weshalb viele Leute von weit herkommen. Sie ist mit 43m die grösste Stupa der Welt und symbolisiert die fünf Elemente.
Der Sockel steht für die Erde, die Kuppel für Wasser, die Treppen in der Pyramide oben für Feuer, der Schirm oben drauf für Luft und die Spitze ganz oben für den Himmel. Wie auf vielen Stupas hat es auch auf dieser "Augen der Weisheit" in alle vier Himmelsrichtungen, die symbolisieren, dass Buddha alles sieht und in die Welt hinausschaut. Um die Stupas herum sollte man immer im Uhrzeigersinn umhergehen, weil dies das Rad des Lebens ist. Die Gebetsmühlen sollten immer drehen, denn während dieser Zeit wird von Buddha gelehrt.
Nach diesen vielen neuen Erkenntnissen über den Buddhismus zogen wir zum hinduistischen Pashupatinath Tempel weiter. Shiva wurde angeblich in 13 Teile zerteilt, wobei 12 davon in Indien begraben sind und der Kopf als einziger Körperteil hier in Nepal. Deshalb ist der Tempel einer der heiligsten Orte im Hinduismus und es werden wie in Varansi auch Verbrennungen von Toten durchgeführt.
Das Prozedere dabei ist mehr oder weniger gleich, aber weniger traditionell und ohne Waschen im pechschwarzen Bagmati Fluss - verständlich bei diesem Anblick. Auch hier sitzen rund um die Tempelanlage orange gekleidete ältere Herren, die hier aber nur auf Touristenfotos und Geld aus sind.
Beim Basantapur Durbar Square im Zentrum von Kathmandu stiegen wir zu den alten Tempeln hoch und sahen den schönen Kontrast von den neuen und alten Gebäuden, die seit dem Erdbeben 2015 mit Balken gestützt werden.
Jeden Abend sammelten sich die Menschenmassen an, weil sich jeweils kurz die Kumari zeigt. Sie ist die höchste von allen Kumaris in Nepal und soll die Inkarnation einer Schutzgöttin sein. Sie wird in sehr jungen Jahren von einem Fachgremium ausgewählt und muss dabei 32 Aufgaben und Kriterien bestehen (z.B. schön und geduldig sein, keine Narben aufweisen etc). Sie wird verehrt und von vielen Helferinnen im Palast umsorgt. Dabei darf sie nur 15 Tage pro Jahr raus und wird von ihren Helferinnen getragen, denn den unreinen Boden berühren soll sie nicht. Am letzten Abend des Neujahrsfests fand auch auf dem Durbar Square noch ein buddhistisches Fest zu Ehren einer weissen Göttin statt. Jede Familie stellte für sich bei einem Tempel 108 Butterkerzen auf und zündete diese an.
Danach wurden Opfergaben beim Streitwagen getätigt, die mit lauter Trommelmusik begleitet wurden.
Nachdem wir Kathmandu und Bhaktapur gesehen haben, fuhren wir mit den weissen elektrischen Tuktuks ins dritte Königreich nach Patan. Patan ist eine der ältesten buddhistischen Städte und bewohnten Gegenden im gesamten Kathmandutal.
In der Altstadt beim Durbar Square spazierten wir in die Gebäude rein und begutachteten die schönen Holzschnitzereien und Verzierungen an den Wänden. Die Stadt war für über 1’000 Jahre ein Zentrum für Könige und religiöse Feste. Auch an diesem Tag fand ein Newari Fest statt und wir sahen zu, wie die Kinder ganz traditionell gekleidet und schön geschminkt wurden.
Nach diesen vielen neuen Eindrücken von ganz anderen Traditionen und Religionen als bei uns verabschiedeten wir uns bereits wieder von Nepal und Asien und es ging zurück nach Europa. Zumindest dachten wir dies kurz, bis wir sahen, dass unser Flug zwei Stunden verspätet war und unser Anschlussflug in den VAE deshalb bereits weg war. So folgte ungeplant noch ein längerer Stopp auf der arabischen Halbinsel und wir mussten beim Transferdesk mehrmals anstehen und für einen Weiterflug kämpfen, da wegen der Überschwemmungen von den Tagen zuvor immer noch etwas Chaos herrschte.
Dies war auch der Grund, weshalb uns ausserhalb des Flughafens kein Hotel angeboten werden konnte, weil immer noch alles überschwemmt war. Immerhin flogen wir nicht über Dubai, denn dessen Flughafen war immer noch unter Wasser nach der üblichen Jahresmenge an Regen, die innerhalb von 12h auf die Wüstenstadt niederprasselte und so zu den heftigsten Regenfällen aller Zeiten zählt. Für uns gab es einen Tag lang kostenlose Verpflegung am Flughafen und eine bequeme Nacht im Flughafenhotel - alles auf Kosten der Airline. Danach flogen wir über die verschneiten iranischen Berge weiter nach Istanbul.
Fazit
In den knapp drei Wochen in Nepal haben wir eine sehr spannende Kultur, viele liebe Menschen und unglaublich gutes Essen angetroffen. Kulturell bietet das Land eine grosse Abwechslung zwischen Hinduismus, Buddhismus und tibetischem Einfluss. Während in den ländlichen Gebieten und Bergregionen eher der Buddhismus im Zentrum steht, findet man in den Städten viele Hindutempel. Dies spiegelt auch die Bevölkerung wieder, in der 80% Hindus und 10% Buddhisten sind. Die Einheimischen sind - anders als in Indien und den Malediven zuvor - wieder sehr freundlich und zuvorkommend. Fast überall wurden wir mit „Namaste“ begrüsst und nicht mehr als Bankomat auf zwei Beinen betrachtet. Wir mussten praktisch nie handeln, denn an den meisten Orten herrschen dieselben Preise für Einheimische und Touristen. Nur für die Inlandflüge wurden die Preise für Ausländer angepasst, denn die Einheimischen fliegen dreimal günstiger als Ausländer. Die Preise in Nepal sind aber grundsätzlich vergleichbar tief wie in Indien. Die Hostelzimmer sind sehr kostengünstig und ab Fr. 4 pro Nacht für ein Doppelzimmer unschlagbar. In den Restaurants bekamen wir für Fr. 2 eine gute Mahlzeit. Die traditionellen Momos sind mit Gemüse und/oder Fleisch gefüllte Teigtaschen, die man bereits ab Fr. 0.65 überall im Land bekommt. Diese nepalesischen Dumplings gibt es als Alternative auch mit Käse oder Büffelfleisch gefüllt, was ebenfalls sehr lecker schmeckt.
Büffelfleisch ist übrigens sehr verbreitet, da dieses Tier verglichen zur heiligen Kuh geschlachtet werden darf. Auch die indische Küche mit vielen Currys, die aber weitaus weniger scharf sind, ist verbreitet. Das Dal Bhat ist vergleichbar mit einem indischen Thali, während das Newari Khaja Set mit verschiedenen Speisen eine nepalesische Erfindung ist. Für lächerliche Fr. 0.20 gibt es dazu einen Liter Mineralwasser im Restaurant und zum Desser ein süsses Gudpak, das aus Butterschmalz und Milch besteht. In den Restaurants wurde unser Trinkgeld teils gar abgewiesen und die Leute wollen von den Touristen wirklich nicht mehr Geld als der offizielle Preis, der überall wieder angeschrieben ist. Dies, obwohl im Land seit der Abschaffung der Monarchie 2008 und dem Wechsel zur Demokratie eine politische Instabilität herrscht. Die Perspektivlosigkeit treibt viele junge Männer dazu, für ein paar Jahre auf die arabische Halbinsel zu ziehen und dort für besseres Geld zu arbeiten. Diejenigen, die es sich leisten können, studieren in Australien oder Kanada oder wollen dorthin auswandern. Deshalb erstaunt es wenig, dass die Jungen sehr gutes Englisch sprechen, teils sogar besser als wir. Auf der anderen Seite gibt es aber auch diejenigen Menschen, welche die Traditionen bewahren möchten. In Nepal ist es zwar offiziell verboten, mehrere Ehemänner oder Ehefrauen zu haben, wird aber immer noch praktiziert. An der Grenze zu Tibet wird eine Frau immer noch mit mehreren Männern verheiratet, denn falls einer früher stirbt oder von einer Reise nicht zurückkommt, ist sie weiterhin gut umsorgt. Nationalsport in Nepal ist nebst Cricket auch Volleyball, wofür in jedem noch so kleinen Bergdorf sogar ein Feld zur Verfügung steht.
Die meisten Touristen kommen von den grossen nördlichen und südlichen Nachbarn China und Indien. Der Schweizer Toni Hagen durfte als erster europäischer Tourist Nepal zu Forschungszwecken und für die Entwicklungszusammenarbeit bereisen, weshalb Nepal und die Schweiz heute noch eine vertiefte Zusammenarbeit verbindet. Nepal ist in einigen Punkten bzgl. Umweltbewusstsein bereits auf europäischem Level. Das Heisswasser für die Dusche wird oft über Solarpanels erhitzt und vielerorts wird angeboten, dass man seine Plastikfalschen nachfüllen kann (z.T. sogar kostenlos in den Restaurants). Plastikblödsinn ist aber, dass man überall im Land nur Plastikflaschen von max. 1 Liter kaufen kann und nirgendwo 1.5l oder 2l Flaschen findet.
Wettertechnisch hatten wir im April zwar auch Frühling und gutes Wetter, jedoch oft einen weissen, dunstigen Schimmer am Himmel, der wie Smog wirkte. Dies ist wohl auf die hohe Luftverschmutzung zurückzuführen, aber auch auf die unzähligen Felder, die brandgerodet werden, und der Abfall, der dort verbrannt wird. Gemäss Aussagen einiger Einheimischen ist der Smog aber auch erheblich gestiegen, seit im ganzen Land intensiver Strassenbau betrieben wird. Dies ist auch dringend notwendig, denn die Strassenverhältnisse sind im ganzen Land einfach nur katastrophal. Nepal hält bei uns den unrühmlichen Weltrekord für die schlechtesten Strassen. Das ganze Land ist eine riesige Baustelle und leider sieht es nicht gerade nach einem Ende aus. Zum Glück hatten wir nur zwei längere Busstrecken zu absolvieren und keinen Nachtbus zwischen Kathmandu und Pokhara, denn da hätten wir wegen der vielen Schlaglöcher wohl kaum ein Auge zugetan. Man wird permanent durchgeschüttelt, weshalb der Inlandflug zu Beginn jeden Franken wert war. Für kurze Distanzen innerhalb der Stadt kann man auf die App InDrive zurückgreifen, denn Uber ist im Land gesperrt.
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