Bolivien 2023

Isla del Sol
Nach der unkomplizierten Einreise von Peru her kommend landeten wir in Copacabana am Titicacasee, von wo wir per Boot auf die Insel Isla del Sol übersetzten. Die Insel mit rund 800 Einwohnern gilt als Geburt des Sonnengotts und der ersten zwei Inkas.


Wir wanderten die Inkatreppe hoch und erkundeten zuerst den Süden der Insel. Der anschauliche Pilko Kaina Tempel ist eine von über 80 Inka-Ruinen auf der Insel.


Wir zogen weiter Richtung Norden über viele Terrassen und fühlten uns trotz der Höhe auf rund 4’000m landschaftlich eher wie auf einer griechischen Insel als in Bolivien.


Im Norden angekommen erkundeten wir bei den Chinkana Ruinen die verschiedenen Kammern wie in einem Labyrinth. Über die Dörfer Challapampa und Challa liefen wir der Ostküste entlang und an unzähligen Eseln, Schweinen und Schafen vorbei, bevor unser Weg wieder hoch nach Yumani führte.


Nach 25km und pünktlich zum Sonnenuntergang gab es zum wohlverdienten Nachtessen die wohl beste Knoblauchforelle bei herrlicher Abendstimmung.


Per Boot gelangten wir zurück nach Copacabana und von dort weiter nach La Paz.

La Paz und Umgebung
Unsere Free Walking Tour startete beim Gefängnis San Pedro, wo ganze Familien freiwillig mit den Insassen zusammenleben und früher sogar Gefängnistouren stattfanden. Bekannt ist die Grossstadt La Paz vor allem wegen der vielen Märkte, die überall den Strassen entlang zu finden sind. Dies ist der Grund, weshalb es in der ganzen Stadt nur eine Handvoll Supermärkte gibt. Das Angebot auf den Märkten ist sowieso viel grösser und umfasst z.B. 300 verschiedene Kartfoffelsorten, von denen gewisse bis zu zehn Jahre haltbar sind.


Verkauft werden diese von den Cholitas, den einheimischen Frauen, die grosse Röcke, lange Zöpfe und einen viel zu kleinen Zylinder tragen. Letztere wurden von den Europäern eingeführt, die fälschlicherweise dachten, kleine Leute brauchen kleine Hüte.


Wir probierten saure Früchte, die von aussen wie Kartoffeln aussahen und liefen den Hexenmarkt entlang. Auf diesem werden natürliche Heilpflanzen und Opfergaben wie natürlich gestorbene Lama-Föten angeboten, die für Glück und Wünsche an die Pachamama (Mutter Erde) geopfert werden.


Früher wurden gemäss Erzählungen sogar lebendige Obdachlose geopfert. Über den San Franzisco Platz mit seiner schönen Kirche gelangten wir zum Unabhängigkeitsplatz. Hier steht neben der Kathedrale das Regierungsgebäude, bei dem wir die Wachablösung beobachteten. Das Gerichtsgebäude nebenan ist wegen seiner falschen Uhr bekannt, die rückwärts geht.


La Paz ist die politische und administrative Hauptstadt Boliviens und besitzt somit den höchstgelegenen Regierungssitz der Welt. Eigentliche Hauptstadt auf dem Papier ist jedoch Sucre.
In der nördlich von La Paz gelegenen Bergkette Cordillera Real fuhren wir nach Rincondada hoch, um dort auf 4’500m unsere Akklimatisationstour zu starten. An Alpaka- und Lama-Herden vorbei wanderten wir zur Laguna Chiar Khota hoch, wo es plötzlich zu hageln begann.


Das Intermezzo war zum Glück nicht von allzu langer Dauer und so stapften wir über den Geröllhang weiter hoch auf den Gipfel des Pico Austria auf 5‘320m. Nachdem wir vom Guide einige Wörter in seiner Muttersprache Aymara gelernt hatten und es zu schneien begann, stiegen wir wieder ab.


Somit waren wir bestens vorbereitet für den nächsten 6‘000er. Wir fassten unser Material (Bergstiefel, Steigeisen, Eispickel, Winterjacke & -hose etc.) und fuhren hoch zum Basislager auf 4’700m. Von dort starteten wir zu einer Übungslektion mit Steigeisen und Eispickel am Gletscher.


Wir erlernten vier verschiedene Schritte je nach Steigung und kletterten mit dem Eispickel an einer senkrechten Gletscherwand hoch.


Nach der ersten Nacht luden wir unser 15-20kg schweres Gepäck auf den Rücken und stapften bei Schneeregen ins Hochlager auf 5‘200m hoch - nicht die besten Voraussetzungen für eine Gipfelbesteigung am Folgetag. Nach ein paar wenigen Stunden Schlaf brachen wir kurz nach Mitternacht bei klarem Himmel mit Stirnlampe und 3-4 Schichten von Kopf bis Fuss bekleidet auf. Nach dem Gang über die vereisten Steine sattelten wir beim Gletscher auf Steigeisen und Eispickel um. Im Zickzack zogen wir in einer 3er-Seilschaft über den Gletscher und immer wieder über meterbreite Gletscherspalten.


Auf Weghälfte folgte der kurze aber steilste Abschnitt, eine 60 Grad Wand hoch, bevor wir oben über die verschneiten Felsen kletterten. Mit den letzten Kräften und übersäuerten Beinen erreichten wir überglücklich als eine der ersten Gruppen kurz vor Sonnenaufgang um halb 6 Uhr und bei -5 Grad den Gipfel des Huayna Potosi auf 6‘088m.


Petrus meinte es wie fast immer gut mit uns und bescherte uns Wetterglück und einen herrlichen Sonnenaufgang. Auf dem Abstieg entledigten wir uns schnell unserer Schichten und stapften in der prallen Sonne runter zum Hochlager und dann weiter zum Basislager, von wo uns der Shuttle wieder zurück nach La Paz brachte.


Nach etwas Erholung bei einem gemütlichen Spielenachmittag nahmen wir einen der tausenden Minibusse zum Valle de la Luna im Süden der Stadt. Dieses entstand durch Erosion und der Lehm wurde ausgewaschen. Wir spazierten durch Landschaft mit Felsen und Türmen, die an eine Mondlandschaft erinnert.


Mit einem anderen Minibus fuhren wir von La Paz hoch auf den Pass La Cumbre auf 4‘650m, wo die weltbekannte Death Road, die gefährlichste Strasse der Welt, beginnt. Bis 2007 war diese Schotterstrasse, die sich den steilen Abhängen entlangschlängelt, die einzige Verbindung in den Amazonas. Hunderte Autos und Busse stürzten vor allem beim Kreuzen mehrere hundert Meter in die Tiefe und über 3‘000 Menschen fanden ihren Tod auf der Yungas Road, darunter auch 49 Biker in den letzten zehn Jahren.


Mit Helm und unzähligen Schonern bekleidet sattelten auch wir auf unsere vollgefederten Downhill-Bikes um und starteten die ersten 22km gemächlich auf der neu asphaltierten Strasse. Beim Wechsel auf die originale Death Road änderte nebst dem Untergrund auf Schotter auch die Seite, sodass wir wegen dem hier herrschenden Linksverkehr direkt am Abgrund fahren mussten.


Auf den holprigen 32km fuhren wir unter einigen Wasserfällen hindurch und zogen wegen des tropisch warmen Klimas Schicht um Schicht ab.


Unten in Yolosita auf 1’100m angekommen stiegen wir nach einer kurzen Abkühlung im Pool wieder in den Shuttle ein, der uns nach La Paz zurückbrachte.
Die Stadt hat das längste städtische Seilbahnnetz der Welt vorzuweisen (10 neue Linien von Doppelmayr), das pro Tag von über 200‘000 Leuten benutzt wird. Auch wir gesellten uns dazu und stiegen in die rote Linie, die uns über den riesigen Friedhof und das farbige Graffiti-Viertel Chualluma hoch nach El Alto brachte.


Von der zweitgrössten Stadt Boliviens hatten wir einen super Ausblick runter in den Talkessel nach La Paz, dessen Stadtbild von den unzähligen braunen Häusern ohne Fassade (so kann man Steuern umgehen) geprägt wird. Die ausrangierten Lokomotiven, die für die Strecke La Paz-El Alto eingesetzt wurden, sahen wir auf dem Zugfriedhof. Mit dem Bus ging es weiter in die Grenzregion zu Chile, genauer gesagt nach Sajama.

Sajama und Umgebung
Am Fusse des höchsten Berges von Bolivien, dem gleichnamigen Sajama, wurde es wieder bitterkalt in der Nacht. Vom 4‘200m über Meer gelegenen Dorf aus liefen wir zu den Huallaqueri Geysiren, die sich besonders am Morgen aktiv zeigten.


In Island lernten wir bereits, wo die Geysire resp. ein Geothermalgebiet ist, sind auch meist die heissen Quellen nicht weit entfernt. Mit Blitz und Donner in sicherer Entfernung entspannten wir uns im 35 Grad warmen Wasser der Doña Teodora Quellen mit bester Sicht auf den über 6’500m hohen Sajama.


Auf dem Rückweg sahen wir zu unserem Erstaunen einige wilde Strausse, die auf den Feldern nach Essbarem suchten. Der Sajama Nationalpark ist eher für die tausenden Lamas bekannt, die hier tagtäglich auch auf den Tellern landen und deren Fleisch sehr gesund ist. Beobachten kann man die Lamas sehr gut direkt vom Dorf aus während des Sonnenuntergangs hinter den Zwillingsvulkanen Parinacota und Pomerape - was für eine Kulisse.


Wir nahmen aber einen anderen Gipfel in Angriff. Nach dem Motto „aller guten Dinge sind drei“ versuchten wir uns an meinem 30. Geburtstag an einem weiteren 6‘000er, diesmal ohne Guide. Um 3 Uhr in der Früh fuhren wir los mit dem Jeep hoch auf knapp 5‘400m. Die Stirnlampen leuchteten uns den Weg, auf dem 20cm Neuschnee lag.


Im Zickzack zogen wir unsere Spuren hoch zur Chilenischen Grenze. Nach ein paar grösseren Schneeverwehungen zogen wir für die letzten Meter bis zum Gipfel des Acotango auf 6’052m die Steigeisen an. Dieser liegt direkt auf der Grenze Chile/Bolivien und bescherte uns eine atemberaubende Aussicht auf den Sajama, die Zwillingsvulkane und den permanent rauchenden Vulkan Guallatiri.


Die andere Gruppe auf dem Gipfel schnürte die Skis resp. das Snowboard an für den Rückweg, uns blieb nur der Abstieg zu Fuss. Per Shuttle ging es dann zurück nach Patacamayo und wieder nach La Paz, wo wir in den Nachtbus nach Rurrenabaque stiegen.

Amazonas
Viel haben wir über Strassenblockaden, weggeschwemmte Strassen in der Regenzeit und somit eine Reise von bis zu 30h gelesen - nichts von dem ist eingetroffen. Einzig ein Verkehrschaos mit Stau vor einer Tankstelle mussten wir durchstehen wegen der aktuellen Benzinknappheit auf dem Land. Der Grund ist der gestiegene Benzinpreis, den der Staat nicht mehr subventionieren will/kann und somit weniger nach Bolivien importiert wird. Für einige Liter stehen die Einheimischen bis zu zwei Tage und Nächte Schlange vor den Tankstellen und schlafen in den Autos.


In Rurrenabaque angekommen beobachteten wir bei der Lagune im Dorf eine erste Capybara Familie (Gattung der Ratten) beim Fressen und Schwimmen.


Viele mehr sahen wir am Wegrand nach Santa Rosa, als wir an unzähligen verbrannten Feldern vorbeifuhren. Kurz vor unserem Besuch im Regenwald kam es an mehreren Orten zu verheerenden Waldbränden. Diese jährlich wiederkehrenden Buschfeuer zum Ende der Trockenzeit sind meist menschengemacht, da die Bauern die Felder für die nächste Saat abbrennen. Nachdem wir die blauen Aras über unseren Köpfen beobachteten, luden wir all unsere Lebensmittel für die nächsten 2.5 Tage aufs Boot um und starteten unsere Tour in die Pampas auf dem Yacuma Fluss.


Wir fuhren keine zehn Meter und schon zeigte der Guide ein erstes Mal ans Ufer, wo duzende Alligatoren im und am Wasser mit offenem Mund sonnenbadeten, um die Körpertemperatur zu regulieren. Auf der 3.5-stündigen Fahrt zu unserem Camp folgten dann gemäss unseren Hochrechnungen weitere 500-1‘000 Exemplare. Auch den bis zu 6m langen schwarzen Kaiman, der im Vergleich zum Alligator nicht nur eine andere Kopfform, sondern auch Zacken am Rücken hat, bekamen wir hautnah im Wasser neben uns zu Gesicht. Diese fressen die kleineren Alligatoren, hatten an diesem Tag aber eher Appetit auf einen pinken Flussdelfin.


Zum Glück bekamen wir die Delfine auch lebend im Fluss zu Gesicht, als sie aus dem Wasser auftauchten. Am Flussufer sahen wir diverse Wasservögel wie Greifvögel, Kormorane, Schlangenhalsvogel, Silberreiher, Kuhreiher, Hoatzin und sogar ein Grünreiher beim Verspeisen einer Wasserschlange. Die Totenkopfäffchen zeigten keine Scheu und sprangen bis auf unser Boot, wo hingegen die Brüllaffen nur hoch oben in den Baumkronen zu sehen und hören waren.


Nach dem Sonnenuntergang auf dem Fluss zückten wir unsere Taschenlampen und erspähten die vielen Alligatorenaugen am Ufer. Tags drauf schlüpften wir in Gummistiefel und starteten unsere Anakondasuche. Nachdem wir zuerst einen Strauss sahen, zeigte der Guide plötzlich ins Gebüsch, wo eine 3m lange Grüne Anakonda lag (ausgewachsen bis 9m).


Bei einer Lagune sahen wir die Jabirua Storche beim Fischen inmitten hunderter Alligatoren. Nachdem wir eine Schlangenhaut sowie eine tote Schlange sahen, schlängelte sich nebenan eine grüne Mamba ganz elegant den Baum hoch.


Zurück im Boot und auf dem Fluss konnten wir unser Glück beim Piranha-Fischen beweisen. Mit einem Stück Rindfleisch an der Angel waren wir tatsächlich ein paar Mal erfolgreich und fingen unser Abendessen, während beim anderen Boot nebenan nur eine der vielen fleischfressenden Schildkröten angebissen hatte.


Die Schildkröten sonnenbadeten sonst eher auf den Baumstämmen, die aus dem Wasser herausragten.


Nach dem herrlichen Sonnenaufgang entschieden wir uns gegen das Schwimmen im Fluss, weil wir den Gegenbeweis für die Behauptung des Guides „wo Delfine - da keine Kaimane“ tags zuvor mit eigenen Augen sahen. So versuchten wir uns mit etwas weniger Glück auf der Jaguarpirsch und sahen immerhin noch drei kleine Nasenbären am Ufer. Nachdem wir von Kopf bis Fuss von Mücken verstochen waren - zum Glück gibt es hier weder Zika noch Dengue oder Malaria - traten wir den Rückweg in die Zivilisation an. Wir verabschiedeten uns von den unzähligen Alligatoren, Schildkröten und Capybaras und bekamen sogar noch ein Faultier aus nächster Nähe zu Gesicht.


Mit dem Nachtbus ging es von 36 Grad im Dschungel wieder hoch nach La Paz, wo unser Bus auf dem Pass noch mit dem Schneetreiben zu kämpfen hatte. Nach einigen Stunden Pause, etwas Essen und dem Wechsel zum anderen Busterminal stiegen wir in den nächsten komfortablen Nachtbus ein, der uns nach Sucre brachte.

Sucre und Umgebung
Die weisse Stadt wird vielerorts als schönste  und sicherste Stadt Boliviens bezeichnet. Die Kathedrale und diverse Kirchen im Zentrum wissen mit ihren weissen Fassaden inmitten der weissen Häuser zu überzeugen.


Die beste Aussicht auf die Stadt von oben hat man vom Mirador Recoleta, wobei die Strassen bei Nacht dank der funkelnden Weihnachtsbeleuchtung auch etwas fürs Auge sind. Mit dem Colectivo fuhren wir etwas aus der Stadt nach Chataquilla, wo wir auf den Camino del Inca starteten. Diesen sind auch die Inkas vor ca. 500 Jahren entlanggelaufen. Wir stiegen in der wunderschönen Landschaft ins rot-grüne Tal ab nach Chaunaca und dann dem Fluss und den farbigen Hängen entlang nach Socapampa.


Nach dem Überqueren der schrägen Hängebrücke führte uns der Weg wieder hoch nach Maragua, dessen gleichnamiger Krater vor Millionen Jahren angeblich wegen eines Meteoriteneinschlags entstand. Wir spazierten dem Kraterrand entlang zur Cueva del Diablo, neben der ein 40m hoher Wasserfall tosend die Felsen herunterfliesst. Am Morgen danach mussten wir auf der anderen Seite wieder zum Kraterrand hoch, um zu den Dinosaurierfusstapfen in Niñu Mayu zu gelangen.


Diese markanten Abdrücke im Fels mit doppelter Schuhgrösse sind wohl mehrere Millionen Jahre alt. Auch hier trafen wir wie auf dem ganzen Weg keine anderen Touristen an. Das letzte Stück nach Potolo führte wieder durch die rot-grüne Landschaft, bevor es mit dem Bus zurück nach Sucre ging und von dort weiter nach Potosi.


Potosi
Die höchstgelegene Grossstadt der Welt auf über 4‘000m war im 17. Jh. nach London die zweitgrösste Stadt der Welt. Bekannt ist sie vor allem wegen den unzähligen Silberminen, aus denen in der Kolonialzeit 50% des weltweiten Silbers stammte. In der Casa de la Moneda, der ehemaligen Münzprägeanstalt, wurde uns erklärt, wie das abgebaute Silber zu Münzen verarbeitet wurde. Die Legierung von Kobolt und Silber wurde erhitzt und in Barren gegossen. Während im 16. Jh. noch alles Handarbeit war, wurden später Münzpress-Maschinen aus Europa nach Südamerika verschifft, die von Sklaven und Pferden angetrieben wurden. Wir lernten, dass man mit der ersten Münze ein Haus kaufen konnte und dass auf jeder Münze die drei Buchstaben P, T und S für die Stadt Potosi übereinander aufgedruckt wurden und so das Dollarzeichen entstand.


Produziert wurden bis zur Stilllegung 1978 nicht nur Silbermünzen, sondern auch weitere Silberprodukte.
Um mehr über den Abbau der Rohstoffe zu erfahren, warfen wir uns in einen Schutzüberzug und Gummistiefel und bekamen Helm und Stirnlampe für das Minenabenteuer. Auf dem Minenmarkt kauften wir einige Geschenke für die Mineure (Kokablätter, Zigaretten, Stewia und Dynamit) sowie etwas puren Alkohol für die Pachamama.


Danach ging es hoch zum Berg Cerro Rico, dem „reichen“ Berg, der wegen seiner über 100 verschiedenen Materialien wie Silber, Katzengold, Zink etc. bekannt ist. Letzteres wird heute noch von 15’000 Mineuren in den rund 250 Minen, die zu 27 Kooperativen zusammengeschlossen und somit im Besitz der Leute sind, abgebaut. Wir wagten uns mit unserem Guide, einem ehemaligen Miner, in die immer noch aktive Kunti Mine rein, die rund 200 Jahre alt ist. Während die Inkas die Mineralien nur aussen abbauten, startete die Minenarbeit während der spanischen Kolonialzeit 1545. Die Spanier waren zu ängstlich, um selbst in den Minen zu arbeiten und liessen die Indigenen für sie arbeiten. Gleichzeitig hatten sie aber auch Angst, dass die Indigenen drinnen nicht wirklich arbeiten und setzten deshalb eine göttliche Figur, den Dios oder heute Tio, in die Mine. Dieser wurde als Überwacher und Bestrafer bezeichnet.
Heute hat diese Figur eine andere symbolische Bedeutung als Beschützer und wird deshalb mit Geschenken (Koka, Zigaretten, Alkohol) vor jeder Schicht verehrt.


Für die 4-7h Schichten von Mo.-Fr. erhalten die Miner rund CHF 400-500 pro Monat, was fast das doppelte des landesweiten Durchschnittslohns ist. Dies macht es auch für viele junge Männer zwischen 15-25 Jahren sehr attraktiv, die wegen der Perspektivlosigkeit meist keine andere Wahl haben. Wegen der harten Arbeitsbedigungen und oft gar keinen oder nur sehr schlechten Atemschutzmasken liegt die Lebenserwartung bei 50 Jahren.  Viele Arbeiter sterben wegen Lungenproblemen. Daneben gibt es aber auch ca. 40 tödliche Unfälle pro Jahr in den Minen. Wir rochen immer wieder Gas und Dynamit, das in die mit dem Kompressor vorgebohrten Löcher gesteckt wird. Nach der Detonation wird der staubige Schutt mit einer Seilwinde aus den bis zu 200m tiefen Löchern hochgezogen. Rund eine Tonne wird dann in die 0.5 Tonnen schweren Wagen gefüllt, die von zwei Jungs auf den Schienen aus dem Berg gestossen werden.


Nicht selten kommt es vor, dass diese entgleisen und so mussten auch wir noch anpacken und einen solchen zu sechst wieder auf die Schienen heben. Nach dem Aussortieren der wertvollen Mineralien (nur ca. 5-10%) erfolgt direkt der Export des Rohmaterials in die ganze Welt, da Bolivien keine eigenen Technologien für die Weiterverarbeitung hat. Nachdem wir einen halben Tag gebückt durch das Tunnelsystem liefen und alle paar Minuten wieder einem vorbeifahrenden Schuttwagen auswichen, fühlten wir uns wie vor hundert Jahren im mittlerweile stillgelegten Gonzenbergwerk bei uns zu Hause.


Nach diesem Abenteuer fuhren wir weiter durch die schöne rote Landschaft nach Uyuni.

Uyuni und Umgebung
Die Stadt diente uns nur als Ausgangspunkt für die dreitägige Tour durch die Umgebung. Nachdem unser Jeep beladen wurde, starteten wir mit ca. 50 anderen Jeeps zum grössten Eisenbahnfriedhof der Welt. 1872 wurde die erste Zugstrecke in Bolivien gebaut, um Rohstoffe aus den Minen im Landesinneren an die Häfen zu transportieren. Als 1940 die Industrie zusammenbrach, wurden die rund 100 Lokomotiven und Waggons in der Wüste ausrangiert, wo sie heute zum Klettern herumstehen.


Wir fuhren an Vicuña- und Lamaherden vorbei nach Colchada, wo wir sahen, wie Salzkörner und Salzblöcke verarbeitet werden. Letztere weisen wie Bäume Jahresringe auf und eignen sich ideal für den Hausbau anstelle von Ziegelsteinen. Nachdem das Salz getrocknet und vermahlen wurde, muss bei diesem weissen Salz noch Iod dazugemischt werden.


Da alle Länder rundherum eigene Salzwüsten oder -terrassen haben, wird das Salz nicht exportiert. Abgebaut wird das Salz in der Salar de Uyuni, der mit 12’000 km2 weltweit grössten Salzwüste. Entstanden ist diese vor 40 Mio. Jahren, als sich die tektonischen Platten verschoben und ein riesiger salzhaltiger See bildete.


Über Jahrmillionen wurde der See in dieser regenarmen Gegend wegen der intensiven Sonneneinstrahlung ausgetrocknet. Zurück blieben an der Oberfläche der 120m tiefen Salzschicht die schönen fünfeckigen Formen und darunter die weltweit grössten Lithiumreserven. Weil wegen des flachen Horizonts kein 3D-Effekt sichtbar ist, ist der Ort für spezielle Fotosujets ohne Dimensionen bekannt.


In den Salzquellen sahen wir, wie das mineralhaltige Wasser sprudelte. Beim Salzhotel, an dem 2014 die Rally Dakar stattfand, bestaunten wir die vielen Fahnen auf der Fahneninsel. Unweit davon entfernt liegt die felsige Insel Incahuasi mitten in der trockenen Salzpfanne und ist mit zahlreichen bis zu 10m hohe Kakteen bewachsen.


Beim fantastischen Sonnenuntergang zeigte sich der Himmel in allen möglichen Farben, bevor es für die erste Übernachtung ins Salzhotel ging.


Tags drauf ging die Fahrt weiter zwischen den vielen Vulkanen hindurch und durch die braune, staubtrockene Wüstenlandschaft, in der nur Quinoa wächst. Plötzlich tauchten mitten im nirgendwo Gleise der stillgelegten Bahnlinie auf, bevor wir bei einem Aussichtspunkt auf den aktiven Ollagüe Vulkan in Chile sahen.


Bei der Laguna Canapa sahen wir eine Herde Vicuñas am Ufer grasen und in der Lagune sahen wir hunderte Flamingos. Den drei hier existierenden Arten James-, Chile- und Anden-Flamingo gefallen vor allem die vielen Mikroorganismen der Algen im Wasser.


Bei der Laguna Hedionda, der stinkenden Lagune, rochen wir den hohen Schwefelgehalt und sahen wieder unzählige Flamingos. Nach einem letzten Stopp bei der Laguna Honda fuhren wir an weiteren Vicuñas vorbei in die Wüste Siloli. Hier konnten wir auf einem Felsen die Viscachas von nahem beobachten. Nebenan sahen wir den berühmten „Baum aus Stein“ sowie weitere Felsformationen aus vulkanischem Gestein.


Die rote Laguna Colorada hat ihren Namen wegen der auffälligen Farbe, die sie von den Algen erhält. Auch hier beobachten wir hunderte Flamingos beim Fressen direkt neben den heissen Quellen.


Um 4 Uhr in der Früh klingelte der Wecker, damit wir rechtzeitig für den Sonnenaufgang beim Geothermalgebiet Sol de Mañana waren.


Über 100 Grad heisse Luft und Rauch mit Schwefelgestank strömt hier aus den unzähligen Geysiren, während es nebenan in kochend heissen Schlammlöchern sprudelt. Die Landschaft auf knapp 5’000m erinnert stark an die Mondoberfläche und die Temperaturen auch.


Während diese jetzt im Sommer knapp über dem Gefrierpunkt liegen, herrschen in Winter um die -30 Grad. Wir wärmten uns in den heissen Quellen wieder auf, bevor wir in der Wüste Dali einen kurzen Stopp einlegten.


Die Wüste ist wegen der Bilderbuchlandschaft nach dem bekannten Maler Salvador Dali benannt. Bei den letzten zwei Lagunen Blanca & Verde mit den Vulkanen im Hintergrund verabschiedete sich unser Guide mit ein paar Songs, gespielt auf einer traditionellen Blockflöte.


Er brachte uns noch bis zur chilenischen Grenze, wo wir in einen Bus nach San Pedro de Atacama umstiegen.

Fazit
Wir haben unsere maximal erlaubten 30 Tage Aufenthaltsdauer voll und ganz ausgenutzt und Bolivien als sehr abwechslungsreiches Land kennen und lieben gelernt. Speziell in der Adventszeit herrschte in den Städten dank der aufwändigen Beleuchtung und Deko schöne Weihnachtsstimmung. Ausserhalb der Städte wissen die schönen und abwechslungsreichen Landschaften mit vielen 6’000m hohen Bergen, blauen Lagunen, staubtrockenen Wüsten oder Dschungel mit artenreicher Tierwelt sehr zu überzeugen. Das alles kann man zu einem unschlagbaren Preis erleben, denn Bolivien ist nach Argentinien (im Moment) das zweitgünstigste Reiseland in Südamerika. Alles ist nochmals viel günstiger als bisher in Peru, Ecuador und Kolumbien - von Busfahrten über Essen in Restaurants bis zu Hostels und Touren. Busfahren ist mit Fr. 1.- pro Stunde halb so teuer wie in Ecuador und Peru. Beim Essen bekommt man für unseren Referenzwert von einem Franken rund 15 Brötchen, 16 Bananen oder 4 Mangos. Gegessen wird im ganzen Land viel Quinoa, Salteñas, Jawitas und im Süden in der Nähe zu Argentinien auch viel gutes Fleisch.
Verglichen mit Peru ist Bolivien weniger touristisch und deshalb auch noch ursprünglicher was die Kultur anbelangt. Die vielen schön gekleideten Frauen sowie die freundlichen Einheimischen fallen überall auf.
Obwohl wir in Ecuador bereits im Amazonas waren, wollten wir auch in Bolivien nochmals das Abenteuer wagen. Hier ist ein Ausflug weniger als halb so teuer wie in Ecuador. Dafür ist der Wald nicht so dicht und hoch am Flussufer. Es besteht eine etwas geringere Tiervielfalt, dafür sieht man alle paar Meter wieder viel mehr Tiere. Das Leben spielt sich praktisch alles im Wasser oder direkt am Ufer ab, weniger in den Bäumen oben oder dahinter. Leider hatte der Ausflug einen leicht faden Beigeschmack, als unser Guide die Anakonda hochheben wollte und die Affen fütterte - angeblich weil sie keine Früchte wegen den Waldbränden finden.

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