Antarktis 2024

Was als Witz startete, wurde kurz darauf Realität. Während der Weihnachtstage planten wir wegen der Hochsaison unsere nächsten Destinationen in Patagonien. Ein Abstecher auf die Valdes-Halbinsel zu den Orkas kam nicht mehr in Frage, da die Walsaison dort bereits zu Ende war. Nach einer kurzen Internetrecherche fanden wir heraus, dass in der Antarktis die Hälfte der weltweiten Population und somit am meistens Orkas leben. Somit sind die Chancen dort gross, diese zu sichten. Von einer Kollegin wussten wir, dass Expeditionsreisen in die Antarktis existieren, diese aber nicht ganz billig sind. Rein interessehalber schauten wir einige Last-Minute-Angebote an und fanden schnell heraus, dass die Expeditionen preislich nicht mehr so teuer sind, wie vielerorts geschrieben wird (Fr. 5‘000 oder mehr). Deshalb brauchten wir keine Stunde, bis unsere spontane Entscheidung feststand und wir uns für die 10-tägige Klassikerroute entschieden haben.
Bevor es aber los ging, mussten wir einen Berg von Papierkram erledigen und duzende Gesundheitsdokumente ausfüllen, in denen sogar nach unserer Blutgruppe gefragt wurde.

In Ushuaia, der südlichsten Stadt auf dem südamerikanischen Kontinent, startete unser Abenteuer. Im Skimietgeschäft bekamen wir eine warme Skijacke, Skihose und Skihandschuhe und machten uns zum Hafen auf, den täglich mehrere Schiffe in Richtung Antarktis verlassen. Natürlich stellten auch wir uns die Frage, wie sinnvoll und vertretbar eine rein touristische Reise in das fragile Ökosystem der Antarktis ist, das seit 1958 auch für Touristen zugänglich ist. Nachdem die ersten Seefahrer entdeckten, dass auch in der Antarktis viele Rohstoffe existieren wie in anderen Ländern auch, meldeten verschiedenste Länder Hoheitsansprüche an. 1959 aber unterzeichneten über 70 Länder aus aller Welt den Antarctic Treaty Vertrag, der die politische Situation klärt und besagt, dass die Antarktis allen Ländern zusteht. Erlaubt sind neben Forschungsaktivitäten lediglich die Fischerei und der Tourismus, wobei beide sehr stark reguliert sind und letzterer durch die IAATO kontrolliert wird. Dies ist die internationale Vereinigung von Tourorganisatoren, welche die Regeln für den Tourismus und die Touristen festsetzt. Allgemein ist der Tourismus in der Antarktis sehr klein, denn jedes Schiff braucht eine spezielle Genehmigung, um in die Antarktis fahren zu dürfen. Eine solche Genehmigung hat als einziges argentinisches Schiff die M/V Ushuaia, da Argentinien mehr an der Forschung als am Tourismus interessiert ist.


Boarding & Drake Passage
Nach dem Boarding auf dem kleinen Expeditionsschiff M/V Ushuaia mit 86 Passagieren und 42 Crewmitgliedern bezogen wir unsere unerwartet luxuriöse Doppelstockkabine für die nächsten zehn Nächte.


Beim Willkommensdrink lernten wir unsere 6 Expeditionsleiter kennen, die leidenschaftliche Biologen, studierte Tourismusexperten oder erfahrene Antarktisforscher sind, die in der Antarktis lebten. Schnell lernten wir auch andere Rucksackreisende kennen und merkten, dass wir uns nicht in einem elitären und noblen Zirkel befinden wie ursprünglich gedacht. Wir lernten die unterschiedlichsten Leute kennen. Einige waren bereits einmal in der Antarktis, ein anderer auf dem K2 und ein weiterer Passagier arbeitet als Pistenretter und fährt mit dem Fahrrad quer durch Südamerika. Neben einer ganzen Reisegruppe, bestehend aus passionierten Profifotografen, war auch ein junger Arzt an Bord, der irgendwie seine halbe Million Jahreslohn schmälern musste.
Das wohl günstigste (aber immer noch teure) Schiff für Touristen war früher rein zu Forschungszwecken auf dem antarktischen Kontinent unterwegs und ist eines der wenigen Nicht-Kreuzfahrtschiffe. Nach der obligatorischen Sicherheitsübung navigierte unser Kapitän durch den Beagle Kanal und startete um Mitternacht die Durchquerung der Drake-Passage.


Diese ist nach dem Pirat Francis Drake bekannt, der Seefahrer überfallen hatte und als Erster antarktisches Eis sah. Die Drake-Passage wird von einigen als raueste See der Welt betitelt und kann bis zu 15 Meter hohe Wellen generieren. Mit uns war sie gnädig, aber die 5 bis 7 Meter hohen Wellen liessen uns nicht so ruhig schlafen und schüttelten uns kräftig hin und her.


Auch im Speisesaal schwappte die Suppe im nur halbvollen Teller wegen des hohen Wellengangs fast über und ab und zu hörte man wieder umgeworfene Gläser und Tassen, die zum Glück unzerstörbar sind.


Dank der Cinarizina-Tabletten gegen die Seekrankheit hatten wir keine Probleme mit der hohen See und nahmen an diversen Vorträgen des Expeditionsteams teil, machten Spaziergängen an Deck und besuchten die öffentlich zugängliche Brücke. Hier hielten wir ein Schwätzchen mit dem Kapitän und er erklärte uns seine Radar- und Sonar-Instrumente.


Immer wieder sehen wir Albatrosse mitfliegen, die bis zu 3.50m Flügelspannweite aufweisen können und somit als grösste flugfähige Vögel der Welt gelten.


Wie alle Seevögel regulieren auch sie ihre Körpertemperatur über die Nahrung und sind farblich bestens getarnt, dass man sie von oben nur als schwarzer Fleck sieht und von unten als weisser Fleck. Nach zwei Tagen auf hoher See und etwas über 1‘000km - die Distanz zwischen Ushuaia und Buenos Aires ist dreimal so gross als Vergleich - sahen wir die ersten kleinen Eisberge vorbeischwimmen. Bald schon sahen wir auch das antarktische Festland, auf dem sich die schneeweissen Berge bis 2500m in die Höhe türmen. Die grösste Eisfläche der Welt hält nebst vielen Rohstoffen auch rund 70% der globalen Frischwasserreserven. Als Grössenvergleich: Die Fläche der Antarktis ist doppelt so gross wie Australien.

Tag 1 in der Antarktis
Beim Palmer Archipel rund um Liege Island durften wir das erste Mal das grosse Expeditionsschiff verlassen und uns in die kleinen Zodiac Schlauchboote setzen. In diesen kamen wir viel näher an den Gletscher heran, max. aber die vierfache Distanz seiner Höhe. 
Wir sahen immer wieder Gletscherabbrüche aus der sicheren Entfernung, tuckerten zwischen den Eisbrocken hindurch und bestaunten die Vögel darauf.


Dazwischen sahen wir immer wieder schwarzes Eis, das keinen Sauerstoff mehr enthält, deshalb durchsichtig ist und somit nur langsam schmilzt. Meist ist das schwarze Eis über 1’000 Jahre alt und Restaurants bezahlen für 1 kg davon schlappe 200 US-Dollar, weshalb wir sogleich einen Brocken für den Whisky in der Schiffsbar mitnahmen.


In der Salvesen Cove war wegen den hohen Wellen Sightseeing an Deck angesagt und wir sahen die ersten Zügelpinguine auf vorbeitreibenden Eisschollen. Während die Vorfahren der heutzutage flugunfähigen Vögel überall auf der Nordhalbkugel lebten, existieren sie praktisch nur noch auf der Südhalbkugel (mit Ausnahme des Galapagos-Pinguins). Von den 17 Pinguinarten sind die Königs- und Kaiserpinguine wohl die bekanntesten, wobei letztere nur ganz im Inneren der Antarktis vorkommen. In der Antarktis leben aber nur noch acht Arten und diese nicht wie vielleicht gedacht rund um den Südpol, sondern in Meeresnähe. Die anderen Arten leben an den Küsten der südlichen Hemisphäre. Wie die Fische haben auch sie sich der Wassertemperatur angepasst, damit das Blut nicht gefriert.
Nebst den Pinguinen konnten wir in der Ferne beobachten, wie die ersten von noch unzählig folgenden Buckelwale in einer Bucht um ihre Nahrung kreisten. Völlig unerwartet tauchten vor dem Bug plötzlich drei Buckelwale auf, um zu fressen.


Wir navigierten weiter in die Wilhelmina Bay, wo wir auch am Abend wieder zahlreiche Buckelwale von Deck aus sichteten.

Tag 2 in der Antarktis
Der nächste Morgen begann, wie der Abend aufgehört hatte, und zwar mit Buckelwalsichtungen in der Bancroft Bay. Zufall ist dies keiner, denn Wale fressen am liebsten zum Sonnenauf- und untergang, weil zu dieser Tageszeit Krill an der Oberfläche schwimmt.


Die Bancroft Bay gehört zur Westküste der Antarktis, der Gerlache Strasse. Diese wurde von der ersten wissenschaftlichen Expedition in die Antarktis unter der Leitung des Belgiers Adrian Gerlache 1897 erstmals erkundet. Weil das Schiff über ein Jahr im Packeis feststeckte, waren es auch die Ersten, die in der Antarktis einen Winter verbrachten. Sie ernährten sich von Pinguinen und Robben, skizzierten die Umgebung für Karten und sammelten Daten für die Glaziologie und Geologie. Zudem gilt die Expedition auch als Geburtsstunde der Lichttherapie, welche die Expeditionsteilnehmer am Feuer abhielten, um Depressionen zu überwinden.
Wir aber waren wohlauf und hüpften in der Bancroft Bay in die Zodiac Boote, um näher an die Eisberge und Gletscherspalten ranzukommen.


Nachdem wir unsere Gummistiefel desinfiziert hatten, waren wir bereit für unsere erste kontinentale Anlandung. Beim Portal Point setzten wir das erste Mal einen Fuss auf das Festland des weissen Kontinents.


Hier starteten früher Expeditionen verschiedenster Länder zum Südpol, von Franzosen und Engländern mit Pferden bis hin zu den Norwegern, welche 1911 als Erste erfolgreich waren. Roald Amundsen, der bereits 1897 bei der allerersten antarktischen Expeditionsreise Teil des internationalen Teams war, hatte seinen Erfolg vor allem den Schlittenhunden zu verdanken.
Wir aber mussten ohne tierische Hilfe auf einen kleinen Hügel im Schnee hochstapfen, von dem wir eine super Rundumsicht auf die Bucht und mehrere Weddellsee Robben an Land hatten.


Die 400-500kg schweren Tiere sind das südlichste Säugetier der Welt und können über eine Stunde lang tauchen, da sie den Sauerstoff v.a. im Blut speichern können. Wie alle Seehunde besitzen auch sie eine grosse Fettschicht, um in der Kälte zu überleben.
Hinter den Seehunden sahen wir auch unzählige Buckelwale, die spätestens nach 4-5 min. jeweils wieder auftauchen müssen, um Luft zu holen. Ebenfalls beobachteten wir schlafende Buckelwale an der Wasseroberfläche, die wie treibende Baumstämme aussahen. Zurück an Deck hatten wir dann Riesenglück, dass wir einen der seltenen Momente hautnah miterleben durften, als ein Buckelwal rückwärts aus dem Wasser sprang.


Beim Auftreffen auf die Wasseroberfläche betäubt er mit seinem Rücken die Planktonkrebse und kann diese so einfacher fressen. Eine etwas häufiger zu sehende Variante sind die Schläge auf die Wasseroberfläche mit den 5m langen Seitenflossen, welche die Buckelwale verglichen zu den anderen Walen bewegen können. Eine alternative Fangmethode ist das Abgeben von Blasen einige Meter unter Wasser, um die Nahrung (vorwiegend Krill) an der Oberfläche einfacher fressen zu können.


Tag 3 in der Antarktis
Da in der Paradise Bay anscheinend gute Chancen für Orkasichtungen bestehen, standen wir bereits um 5 Uhr in der Früh dick eingepackt an Deck. Leider wollten sich die Orkas, die mit 10m grössten und 60km/h schnellsten Delfine der Welt, nicht zeigen. Die bis zu 5.5 Tonnen schweren Tiere leben grundsätzlich in jedem Ozean der Welt jeweils in grossen Familien und jagen auch zusammen. Die Familien werden von den grossen Weibchen geleitet, die erbeuteten Tiere auseinandergerissen und dann zuerst den Jungen zum Fressen gegeben. Gefressen wird je nach Orka-Typ (16 Arten) anders, in der Antarktis vor allem kleinere Wale, Seehunde, Pinguine oder Fisch. Vor allem beim Fischen gab es weltweit bereits einige negative Interaktionen mit Menschen, weshalb der Orka auch als Killerwal bezeichnet wird. Die Tiere verwenden zur Lokalisierung ein Radar-ähnliches System im Kopf, weshalb Schiffe ein Problem für sie darstellen und Whalewatching-Touren aus tierischer Sicht als bedenklich eingestuft werden. Orkas werden bis zu 90 Jahre alt und haben in Freiheit noch nie einen Menschen angegriffen, anders als jene in Käfigen. Interessanterweise kann bei den antarktischen Orkas beobachtet werden, dass sie jedes Jahr im März resp. Okt. für ca. 8 Wochen nach Brasilien oder Neuseeland in die „Ferien“ hochwandern.
Vielleicht waren sie in diesem Jahr im Januar im Urlaub dort, weshalb wir an diesem Morgen „nur“ einige aus dem Wasser springende Pinguine sahen.


Beim Punta Vidt setzten wir erneut über an Land neben der Almirante Brown Forschungs- und Militärstation. Hier lagen Robben entspannt im Eis und die Eselspinguine watschelten wackelig auf dem Eis herum oder hüpften auf Eisschollen hoch oder runter. Das Federkleid der Pinguine ist mit einer dünnen Ölschicht überstrichen, damit dieses wasserdicht sind. Wie alle Seevögel können sie das salziges Meerwasser über Membrane oberhalb der Augen filtern. Auch die Zunge der Pinguine ist speziell mit einer Art Zacken ausgestattet, damit das Futter nicht davonschlidert. Nach dem Beobachten der Pinguine sahen wir nebenan aus dem Zodiac Boot die antarktischen Kormorane beim Nesten und Füttern des frisch geschlüpften Nachwuchses inmitten der steil abfallenden Felswände.


Danach ging es weiter durch die landschaftlich atemberaubende Kulisse zu Danco Island.


Hier durften wir das erste Mal an Land eine Eselspinguinkolonie besichtigen, die wegen ihren Ausscheidungen sehr geruchsintensiv sind. Es ist die grösste Kolonie dieser Art in der Antarktis mit einer Population von über 1 Mio. und sie wächst stetig, da sich diese Pinguinart gut dem Klimawandel anpasst.


Wir passierten sorgfältig die Pinguin-Highways, auf denen die Vögel vom Meer runter- oder hochwatschelten.


Oben beobachteten wir die Tiere beim Steine klauen von ihren Artgenossen und Nest bauen mit eben diesem Diebesgut.


Pinguine gehen wie Schildkröten immer wieder an denselben Brutplatz zurück und je nach Art brütet der Vater oder die Mutter das Ei aus.


Fast alle Arten brüten im Sommer, ausser die Kaiserpinguine brüten im Winter bei Rekordtemperaturen von bis zu -99 Grad.
Auf dem Rückweg zum Expetidionsschiff sahen wir von den kleinen Booten aus rund um die schön hellblauen Eisberge nochmals einige Seelöwen auf den Eisschollen liegen.


Am Abend navigierte der Kapitän durch den bilderbuchhaften Neumayer Kanal.


Im Anschluss schauten wir uns kurz vor Mitternacht den Sonnenuntergang an - natürlich mit einigen Buckelwalen im Vordergrund.


Während es im Sommer nie richtig dunkel wird, würden sich hier im Winterhalbjahr (wenn keine Touristen da sind) sogar die Polarlichter (analog Nordlichter) in den kalten und dunklen Nächten zeigen. Wir lernten, dass 27 Tage nach einer Aurora australis eine weitere folgt, da sich die Sonne in 27 Tagen einmal um die eigene Achse dreht.

Tag 4 in der Antarktis
Am nächsten Morgen starteten wir die Navigation durch den Lemaire Kanal mit den markanten Torres-Bergspitzen.


Leider lag aber noch zu viel Eis im Kanal, weshalb die geplante Durchfahrt bis zur Petermann Insel mit den Adeliepinguinen ins Wasser fiel. 
Wenn man noch weiter südlich fahren würde, würde man in Richtung Polarkreis kommen, den James Cook als Erster überquerte. Bei uns aber kam Plan B zum Zug und wir fuhren wieder nordwärts. Mit den Zodiac Booten setzten wir auf Cuverville Island über und sahen davor einen 400-500kg schweren Seeleopard auf einer Eisscholle liegen, der pro Tag rund 25 (!) Pinguine frisst.


Obwohl die Pinguine sehr schnell im Wasser sind und bis 500m tief und 20min lang tauchen können, sind sie nicht vor dem Tod bewahrt. Auf der Insel selbst sahen wir dann auch ein erstes Pinguinskelett nebst den Walknochen liegen, die wie Steine aussehen. Wir bestaunten die stolzen Eselspinguine auf den Felsen und hörten ihren lauten Rufen zu.


Wir hielten immer wieder Ausschau nach den „falschen“ Pinguinen einer anderen Sorte, die sich unter die Kolonie mischten.


Die Zügelpinguine weisen keinen roten Schnabel auf und sind deshalb einfach zu erkennen. In der Bucht auf der anderen Seite der Insel legte eine der wenigen privaten Segelyachten zwischen den Eisschollen an.

Tag 5 in der Antarktis
Die letzten Stopps unserer Expeditionsreise lagen alle auf Deception Island. Die Insel ist ein immer noch aktiver Vulkan, dessen Krater vor tausenden Jahren einbrach. Heutzutage können die Schiffe vom Meer direkt in die Kratermitte hineinfahren. Weil früher die Walindustrie aufgrund des Walöls beliebt war, gibt es in der Kratermitte noch eine alte Walfangstation.


Mittlerweile ist der Fang fast weltweit verboten, ausser in Japan und Norwegen werden die Wale immer noch gejagt und gegessen. Das Futter der Wale, der Krill, ist kleiner als Garnelen und wird in der Antarktis besonders geschützt, weil er auch das Basisfutter für Fische und Pinguine ist. Der Krill selbst frisst Plankton und ist wegen seinem hohen Fluoranteil für uns Menschen giftig. Auch die Pinguine spucken die Fluorstücke wieder aus.
Wir legten in der Telefon Bay an, wo gleich neben unserer Anlandung ein junger Seeelefant lag.


Das nur ein paar Monate alte Männchen nimmt in den jungen Jahren rund 9kg pro Tag zu und bringt ausgewachsen um die vier Tonnen auf die Waage. Um Nahrung zu finden, können Seeelefanten bis 1.5km in die Tiefe tauchen und dabei 2h unter der Wasseroberfläche bleiben.
Einige Schnappschüsse später spazierten wir auf dem vulkanischen Gestein, wo sogar kleine Moospflanzen wachsen, den Kraterrand entlang und fühlten uns landschaftlich wie in Island.


In der Pendulum Cove nebenan folgte unsere letzte Anlandung der Reise - diesmal in Badehosen. Dort stand uns das Polarbad bevor, der Sprung ins eiskalte Wasser bei knapp über 0 Grad Wassertemperatur.


Wie zu erwarten, und auch von der Schiffsärztin empfohlen, hielten wir es keine Minute im Wasser aus, doch die Abkühlung war eine Erfahrung fürs Leben. Nebenan schaute uns ein Zügelpinguin in seinem warmen Gefieder zu, wie wir uns mit warmen Badtüchern wärmten. Im Gegensatz zu uns brauchen die Pinguine keine Badetücher. Sie haben die dickste Federschicht aller Vögel, die wie ein Neoprenanzug wirkt und die Luft dazwischen erwärmt. Sie sind Warmblüter und können Wärme über die Füsse und Flügel abgeben. Später sahen wir noch duzende weitere Zügelpinguine aus dem Wasser springen, denn rund um die felsige Deception Island existiert die grösste Kolonie dieser Art.


Auch die Finnwale zeigten sich zum Abschluss noch neben unserem Schiff und wir bemerkten, dass diese viel schneller schwammen als die Buckelwale, von oben herab jedoch zum Verwechseln ähnlich aussehen. Mit bis zu 27m Körperlänge gilt der Finnwal nach dem Blauwal, der vor allem rund um Sri Lanka beobachtet werden kann, als zweitgrösste Wal der Welt.

Drake Passage & Beagle Kanal
In den letzten Stunden in der Antarktis passierten wir die grössten bisher gesehenen Eisschollen, die doppelt so hoch waren wie unser Schiff. 
Die 40m hohen und bis zu 1km breiten Eisblöcke kommen nicht etwa von einem Gletscherabbruch, wie wir fälschlicherweise annahmen. Sie entstehen direkt im Meer, indem Salzwasser gefriert, das Salz ans umliegende Salzwasser abgegeben wird und so die Süsswasser-Eisscholle entsteht.


Nach dem spektakulären Abschluss standen uns erneut zwei Tage in der Drake Passage bevor, die zum Glück etwas ruhiger als auf der Hinfahrt verliefen, sodass wir sogar auf unsere Tabletten verzichten konnten. Als sich am Horizont das südamerikanische Festland wieder zeigte, meinte es auch die Tierwelt nochmals gut mit uns. Rund um das Kap Horn liessen sich einige Pottwale blicken und bei der Einfahrt in den Beagle Kanal sprangen die Dusky Delfine vor und neben unserem Schiff in den Wellen mit. Wie bei den Walen sind die Schiffe auch für die Delfine nicht gut, weil sie für die Kommunikation und Ortung ein Echosystem im Kopf haben. Interessant ist, dass man in den Zähnen der Delfine sehen kann, ob sie Junge hatten oder nicht. Etwas weiter entfernt als die Delfine liessen sich sogar noch einige Seiwale blicken. Für die Durchquerung des Beagle Kanals nahmen wir den „Piloten“ wieder an Board auf, der uns sicher bis an den Hafen von Ushuaia durchnavigierte. Dort legte unser kleines Schiff neben all den riesigen Kreuzfahrtschiffen an, von denen gewisse sogar während 270 Tagen die Welt umrunden.


Fazit
Eine Reise in die Antarktis ist für Backpacker-Verhältnisse zwar teuer, aber einzigartig und wohl einmalig. Die Frühbucher-Angebote mit grosszügigen Rabatten lohnen sich nicht, denn Last Minute bekommt man praktisch auf jedem Schiff einen Platz und dies zum halben Preis. Praktisch alle Rucksackreisenden haben wie wir Last Minute 1-2 Wochen vorher gebucht. Für das bezahlte Geld bekommt man nebst einem 3-Gang-Menü am Mittag und Abend im schwimmenden Hotel einiges geboten. 
Zwei Exkursionen pro Tag und diverse interessante Vorträge über die Geschichte, Politik und Tierwelt in der Antarktis gehören zum Tagesprogramm. Am Abend gab es auch meist Programm, sei dies ein Film, Quiz oder einfach Sightseeing bis zum Sonnenuntergang. Speziell dank der Vorträge waren die zwei Tage Hin- und Rückfahrt zum weissen Kontinent kurzweilig. Ushuaia ist der nächste Punkt zur Antarktis, Reisen ab Neuseeland oder Südafrika wären viel weiter. Obwohl wir auf dem wohl einfachsten Expeditionsschiff waren, empfanden wir es als sehr nobel. Es ist zwar eines der kleinsten Schiff mit unter 100 Passagieren, deshalb aber perfekt für Landgänge, da diese von der IAATO auf 100 Leute begrenzt sind. Die grossen Kreuzfahrtschiffe landen oft gar nicht an und fahren nur durch die Kanäle, wo dann Sightseeing von Deck angesagt ist. Für Tierbeobachtungen waren wir jeden Tag stundenlang dick eingepackt an Deck gestanden. Die fünf Schichten hatten wir beim eisigen Wind und den somit gefühlten -10 Grad gerne an, obwohl die Sonnenstrahlen immer wärmten und die Temperaturen sich stets um die Nullgradgrenze befanden (-5 bis +5 Grad). Unsere Geduld an Deck wurde meist belohnt und wir sahen jeden Tag mindestens je ein Duzend Buckelwale und aus dem Wasser springende Pinguine. Nur die Orkas blieben uns verwehrt, obwohl diese auf allen anderen Reisen vor uns gesichtet wurden.
Das Programm wurde jeweils spontan vom 5-köpfigen Expeditionsteam zusammengestellt und war immer stark vom aktuellen Wetter resp. v.a. dem Wind abhängig. Dies stand etwas im Widerspruch zu den Anlandungplätzen, welche die Organisatoren meist Wochen im Voraus buchen müssen. Diese Plätze wechseln auch immer wieder, weil sie für die Tiererholung abwechslungsweise geschlossen werden.
Da der antarktische Tourismus und somit auch die Anzahl Schiffe in den letzten paar Jahren stark gewachsen ist, ist unklar, wie dessen Zukunft aussieht. Vielleicht wird die Anzahl Schiffe bald limitiert, jedoch verboten wird er wohl nicht in naher Zukunft. Dies ist das Interesse der internationalen Umweltorganisationen wie beispielsweise des WWF, nicht aber der antarktischen Mitgliedstaaten. Die Klimaerwärmung hat logischerweise sehr starke Auswirkungen auf die Antarktis, insbesondere auf die Eisschmelze dort und die damit verbundene Erhöhung des Meeresspiegels. Durch das Frischwasser im antarktischen Meer ändert sich auch der Salzgehalt und so die Fische im Wasser, die wiederum als Futter für viele andere Meerestiere gelten. Das Expeditionsteam kontrollierte jeweils sehr genau, wo wir an Land einen Fuss hinsetzen, da nicht mal absitzen oder Schnee mit etwas anderem als den Gummistiefeln berühren erlaubt war. Einige Plätze für Landgänge waren auch geschlossen wegen der grassierenden Vogelgrippe, die für immenses Tiersterben verantwortlich ist. Dies ist aktuell auch auf den Inseln von Südgeorgien der Fall, wo noch andere Pinguinsorten existieren würden wie auch im antarktischen Inland, wo man aber nur per Flugzeug hingelangen würde.



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