Indien 2024
Von Brasilien her kommend flogen wir über Äthiopien nach Delhi weiter und landeten pünktlich nach 19h Flugzeit am anderen Ende der Welt. Nach der unkomplizierten Einreise, dank unserem vorher beantragten e-Visum, gab es danach aber strengste Sicherheitskontrollen, bei der sogar unser kleines Kamerastativ und alle Adapter genau unter die Lupe genommen wurden. Auf dem kurzen Inlandflug weiter in den Westen des Landes nach Udaipur wurden unsere Geschmacksnerven das erste Mal auf die Probe gestellt. Das grenzwertig scharfe Flugzeugsandwich gab uns einen Vorgeschmack, was uns die kommenden Wochen erwartet.
Udaipur und Umgebung
Die „weisse Stadt“ wird auch „Stadt der Seen“ genannt.
Die „weisse Stadt“ wird auch „Stadt der Seen“ genannt.
Auf den Seen und rundherum liegen unzählige Tempel. Einer davon ist der Jagdish Mandir Tempel, in dem wir uns plötzlich und unerwartet mitten in einer hinduistischen Zeremonie wiederfanden.
Die Stadt ist unter anderem bekannt für Zeichnungen, deren Farben aus Steinpulver gewonnen werden. Vermischt mit Wasser werden diese mit einem Pinsel aus Haaren von Streifenhörnchen aufgetragen. Dadurch sind Bilder mit sehr feinen Konturen möglich, die z.B. einen Elefanten für Glück, ein Pferd für Stärke und ein Kamel für Liebe abbilden.
Beim Schlendern durch die Marktgassen machten wir beim Gewürzmarkt Halt und bestaunten die über zehn verschiedenen Chilisorten, die für uns Laien alle gleich aussahen.
Beim Früchtemarkt lernten wir, dass die Uhren hier in Indien anders ticken und der Kauf noch mit echten Gewichtsklötzen gewogen wird. Während des Sonnenuntergangs hinter dem See wurden die Insel mit dem weissen Palast als auch der City Palace schön beleuchtet.
In der Burg Bagore-ki-Haveli besuchten wir eine Show, in der indische Folkloretänze aufgeführt wurden. Eines der dürftigen Highlights war der Balanceakt auf dem Nagelbrett - etwas, was wir bereits im Kinderzirkus machten.
So waren wir froh, haben wir uns unbemerkt reingeschlichen und nichts bezahlt, denn es war statt Hollywood-reif eher eine schlechte Bollywood-Produktion.
Wir spazierten dem Fateh Sagar See entlang und beobachteten die Frauen, wie sie das Seegras mit Ankerhaken aus dem Wasser fischten, welches wohl für die Kamele als Futter dient. Nebenan kletterten die indischen Langurenaffen umher und zeigten uns ihr weisses Fell und ihre markannten schwarzen Gesichter.
Bald schon folgten die ersten von noch unzähligen Fotos mit Einheimischen, denn weisse Touristen bekamen auch wir selten zu Gesicht. Neben dem See wanderten wir auf den Berg zum Tempel Neemach Mata Mandir hoch.
Auf dem Rückweg legten wir im Maiden Garten einen Stopp ein und wurden von duzenden Streifenhörnchen begrüsst.
Während die Kinder überall in den Strassen Cricket spielten, zogen wir weiter in den königlichen City Palace.
Natürlich durfte auch eine Bootsfahrt auf dem Pichola See nicht fehlen. Wir tuckerten um die teuren Palästen auf den Inseln herum, wo die Zimmer erst ab Fr. 800 pro Nacht zu haben sind - das Hundertfache unseres Hostelpreises in der Innenstadt.
Zurück an Land stiegen wir an wilden Pfauen vorbei die Treppenstufen auf der Mauer hoch. Oben beim Shri Manshapurna Karni Mata Tempel angelangt, hatten wir die ganze Stadt im Blickfeld und wussten nun, wieso Udaipur als weisse Stadt bezeichnet wird.
Den Rückweg durch den Wald meisterten wir dann im Dunkeln, was etwas wagemutig war. Drei Tage zuvor wurde ein Leopard am See beim Trinken gesehen, der mit seinen Artgenossen in diesem Gebiet lebt. Wir wurden aber beruhigt, dass die Raubkatzen eine Vorliebe für Hundefleisch haben und deshalb keine Gefahr für Menschen darstellen.
Weil es so günstig war, haben wir uns einen privaten Fahrer für einen Tag genommen, der uns zu den Sehenswürdigkeiten nördlich von Udaipur brachte. Bei uns würde wohl alleine der Treibstoff für diese 250km mehr kosten als hier alles zusammen. Wir fuhren an den blühenden Kornfeldern vorbei nach Khumbhalgarh. Im gleichnamigen Wildtiergebiet leben über 200 Leoparden, die aber schwer zu Gesicht zu bekommen sind. So besichtigten wir das Fort, eine Mewar Festung, die als Bollwerk gegen den aus Westen (heutiges Pakistan) vordringenden Islam gebaut wurde.
Von oben hatten wir einen guten Ausblick auf die umliegenden Hügel und die gesamte Anlage, die von einer 36km langen Mauer umgeben wird.
Dies ist nach der chinesischen Mauer die zweitlängste noch intakte und durchgehende Mauer der Welt.
In der Anlage gab es früher über 360 Jain Tempel, von denen nur noch 12 Tempel übrig sind, auf denen die indischen Langurenaffen herumturnen. Der Baustil der Tempel erinnerte uns eher an eine Mischung zwischen Griechenland und Indonesien.
Unweit von Khumbhalgarh liegt Ranakpur, wo sich der prächtigste Jain Tempel befindet.
Der 600 Jahre alte und völlig symmetrische Tempel ist bekannt für die eingravierten Verschnörkelungen an den 1’445 Marmorsäulen, die von 2‘500 Handwerkern gefertigt wurden.
Über einen Audio-Guide lernten wir, dass der Jainismus eine der ältesten Religionen der Welt ist und in Indien 12 Mio. Anhänger zählt. Bereits die Mutter von Mahatma Ghandi war eine Jain. Angelehnt an den Hinduismus sind die Regeln aber viel strenger, sodass Jain streng vegetarisch leben und gar keine Tiere töten dürfen, nicht mal ein Insekt. Glück bringt, wer unter einem Elefanten hindurchkriecht, was auch wir uns erhofften.
Die Religion basiert auf den drei Grundsätzen: richtiges Wissen, Glaube und Handlungsweise. Jains müssen quasi ihre Seele bezwingen und sind u.a. befreit resp. rein, wenn sie kein Besitztum haben. Beeindruckt von dieser Lebensweise machten wir uns auf den Rückweg zum Busterminal in Udaipur. Mit dem komfortablen Nachtbus ging es danach ab in die Wüste nach Jaisalmer.
Jaisalmer und Umgebung
Die Wüstenstadt wird auch als die goldene Stadt bezeichnet, weil die meisten Häuser aus hellem Sandstein gebaut sind und durch die Sonnenstrahlen braun-goldig wirken. So auch die Herrenhäuser, welche die erfolgreichen Geschäftsmänner im 19. Jh. aus dem gelbem Sandstein, mit unzähligen Gravuren in der Fassade, erbauen liessen.
Allgemein wirken die Sandsteinhäuser kühlend im Sommer und geben im Winter Wärme ab. Das Stadtbild wird aber vom Fort in der Stadtmitte dominiert, welchem auch wir einen Besuch abstatteten.
Das Fort ist eines der wenigen auf der Welt, in dem noch ein Viertel der Stadtbevölkerung drin wohnt und das auch zahlreiche Hostels und Läden beherbergt.
Es enthält auch einen Palast als ehemalige Residenz sowie mehrere Jain-Tempel. Von den verschiedensten Aussichtspunkten sieht man gut auf die gesamte Wüstenstadt und die dahinterliegende Wüste. Am Stadtrand stapften wir hoch zu einer Gedenkstätte.
Dort schauten wir den atemberaubenden Sonnenuntergang.
Als wir den Hostelbesitzer wegen einem indischen Kochkurs in der Umgebung fragten, schickte er uns direkt zu seinem Koch weiter. Von diesem lernten wir, wie man ein traditionelles Thali zubereitet. Hierfür kochten wir vier verschiedene Spezialitäten: Dahl (Linsen), Bittermelone, Paneer (Hüttenkäse) und gemischtes Gemüse mit Kartoffeln drin.
Als Beilagen gab es Jeera Reis (mit Kreuzkümmel) und Chapati (Fladenbrot) sowie einen indischen Chai Masala Tee dazu.
Wir mieteten uns einen Roller, um zu den Sehenswürdigkeiten ausserhalb der Stadt zu gelangen. Bada Bagh ist die grösste Gedenkstätte der Umgebung, in der aus Sandsteinblöcken Andenken an die Könige, Prinzen und Mitglieder der königlichen Familie erstellt wurden.
Alle Gedenktafeln sind jedoch Kenotaphen (Scheingräber) und jene von Königen werden durch einen Mann auf einem Pferd symbolisiert.
Beim Amar Sagar Jain Tempel bestaunten wir die wunderschönen Handschnitzereien rundherum.
In Kuldhara, einem nicht mehr bewohnten Dorf, schlenderten wir durch die schön restaurierten Häuser. Wir fühlten uns wie in einer Bollywood Kulisse, weil nur der vordere Teil der Häuser restauriert wurde und so eine perfekte Filmkulisse hergeben würde.
Weil wir danach falsch abgebogen sind, überquerte plötzlich eine Kamelherde vor uns die Strasse und liess sich danach beim Fressen nicht von unserer Anwesenheit stören.
Beim Khabha Fort angekommen erinnerte uns dieses an ein Wüstenschloss wie zu früheren Zeiten.
Auf dem Rückweg wurden wir von einem Inder mitten auf der Strasse zum Tee eingeladen. Diese Gastfreundschaft konnten wir natürlich nicht ablehnen. In seinem Haus waren schnell zehn neugierige Kinder und Frauen um uns herum.
Bei einem Tee unterhielten wir uns mit Händen und Füssen über unser Leben in der Schweiz und ihr einfaches Leben auf dem Land. Ob unserem Besuch waren sie so begeistert, sodass gleich noch Nachtessen und Übernachtung hier am Rande der Wüste offeriert wurden.
Wir lehnten mehrmals dankend ab und kamen nur dank dem Argument der untergehenden Sonne wieder weg.
Beim Gadii See in der Stadt schauten wir die aufgehende Sonne, hinter den im See schwimmenden Tempeln, an.
Danach ging es mit dem Jeep ab in die Wüste. An einer natürlichen Oase stiegen wir auf die Kamele um, mit denen wir an riesigen Schweizer Windrädern vorbei zu den Dünen ritten.
Während die Kamele ihr Nachtessen in den Büschen fanden, stapften wir auf die Sanddünen hoch.
Danach wurden auch wir verköstigt mit selbstgemachten Punga Chips (aus Reis) und Pakora (frittiertes Gemüse), bevor wir die indische Thali Platte am Lagerfeuer serviert bekamen. Nach einigen interessanten Gesprächen mit anderen Reisenden warfen wir uns auf die Pritsche und kuschelten uns unter die warme Kameldecke.
Schnell fielen uns unter dem Sternenhimmel am Rande der Thar-Wüste die Augen zu. Nach dem Frühstück ging es per Kamel und Jeep wieder zurück in die Zivilisation und anschliessend mit dem Zug weiter nach Jodhpur.
Jodhpur
In der „blauen Stadt“ gibt es unzählige blau bemalte Häuser, die im Sommer kühlend wirken und gleichzeitig auch als Insektenschutz dienen.
Wir schlenderten durch die blauen Gassen und bestaunten die schönen Graffitis an den Wänden.
Auf einem Felsen über der Stadt thront die riesige Festungsanlage Mehrangarh Fort (fort of the sun), in dem früher die Könige lebten.
Rajastan heisst auch übersetzt „Land der Könige“. Das Fort wurde nie erobert, da die Mauern und Tore sehr stabil gebaut wurden. Nicht mal Kanonenkugeln, von denen noch die Einschusslöcher zu sehen sind, oder Elefanten kamen durch. Elefanten waren zur mittelalterlichen Zeit wichtig im Krieg wie bei uns die Pferde.
Beim Bau des Forts hat sich ein Selbstloser sogar bewusst geopfert, um lebendig eingemauert zu werden und so die Götter gnädig zu stimmen. Nach dem Tod des Herrschers wurde sein erst 4-jähriger Sohn zum jüngsten Maharaja (Fürst) von Jodhpur gewählt. Wir lernten einiges über das Purdah-System (Verschleierung), das die Hinduisten teils vom Islam übernommen haben. Auch bei den besichtigten Königskutschen und Sänften ist ersichtlich, dass diese für Männer offen und für Frauen geschlossen sind, um nicht zu viele Blicke auf sich zu ziehen.
Die schönen handgeschnitzten Wände lassen die Luft im Fort drin zirkulieren und man kann gut hinaus-, nicht aber hineinschauen. Im Fort durften wir in die Paläste hineinlaufen und die goldenen Räume, Spiegelräume und Räume mit Christbaumkugeln bestaunen, die noch von den Briten stammen.
Im Krieg wurde oft Opium als Tee getrunken, da es Mut gibt und Schmerzen lindert. Auch heute noch wird es eingenommen, um Geburten oder Hochzeiten zu feiern. Ebenfalls erfuhren wir, dass die Shisha Pfeife früher mit parfümiertem Tabak geraucht wurde.
Unweit neben dem Fort liegt der Tempel Jaswanth Thada, der zu Ehren eines verstorbenen Herrschers von seiner Frau errichtet wurde und heute als königliches Krematorium dient.
Mitten in der Stadt befindet sich der Toorji‘s Stepwell, ein Wasserspeicher aus früheren Zeiten. In den steilen und rundum mit Treppen versehenen Wänden wurde sogar eine Szene für Batman gedreht.
Etwas ausserhalb von Jodhpur liegt der Umaid Bhawan Palace, einer der grössten Paläste der Welt, der von 3‘000 Arbeitern während 15 Jahren erbaut wurde. Heute in ein Hotel umfunktioniert weiss dies mit seinen 347 Zimmern und einer grossen Rolls Royce Kollektion zu beeindrucken.
Auf dem Rückweg statteten wir dem geschäftigen Markt beim Clocktower einen Besuch ab.
Danach spazierten wir auf den Pacheta Hügel hoch, um der untergehenden Sonne hinter dem Brahmapuri Viertel zuzuschauen.
Dieser Stadtteil ist nach den Brahmanen (Priester in der Hindugesellschaft) benannt, welche im offiziell abgeschafften aber immer noch existierenden Kastensystem die oberste Klasse ausmachen. Eine Kaste ist eine hierarchische Ordnung und mit der mittelalterlichen Ständegesellschaft (Klerus, Adel & Bürgertum) vergleichbar. Nach einer kurzen Übungslektion Badminton mit den Kindern in den Gassen ging es erneut zum Bahnhof, um mit dem Zug nach Jaipur weiterzuziehen.
Jaipur
Die rote Stadt weist unzählige korallenrote Gebäude im Stadtkern auf.
Sie ist die Hauptstadt von Rajasthan und war unsere erste Stadt des goldenen Dreiecks (Jaipur, Agra, Delhi), der touristisch meistbesuchten Orte in Indien. Der Hauptgrund für die vielen Besucher ist das Hawa Mahal, der Palast der Winde. Seine Fassade wird von unzähligen Balkonen aus rotem und rosa Sandstein dominiert.
Gebaut wurde er für die Haremsdamen, damit diese die Festumzüge auf den Strassen beobachten konnten, ohne selbst gesehen zu werden. 935 kleine vergitterte Fenster machen dies möglich und gewähren eine ständige Luftzirkulation, weshalb er den Namen Palast der Winde trägt.
Auch am Abend lässt sich der beleuchtete Palast sehen.
Der City Palace nebenan ist immer noch das Zuhause für die königliche Familie, die von 500 Dienern rund um die Uhr versorgt wird. Das Oberhaupt, der Maharaja von Jaipur, ist erst 25 Jahre alt und einer der besten Polo-Spieler des Landes. Der schöne Palast in seinen Gelb- und Rottönen weist eine Zeremonienhalle sowie vier schöne Tore für die vier Jahreszeiten und Hindu-Götter auf.
Der Palast beherbergt den weltweit grössten Silberkessel, der gleich hoch ist wie wir und ein Fassungsvermögen von 4’000 Litern aufweist. Er diente einst, um das heilige Wasser des Ganges bis nach London zu transportieren. Nebenan sind diverse Sänften ausgestellt, die wie auch Elefanten und Kamele für den Transport verwendet wurden. Bewacht wird alles von unzähligen stolzen Wärtern mit ihren schwarzen Schnäuzen.
Unmittelbar neben dem Stadtpalast besichtigten wir mit dem Jantar Mantar einen Platz, an dem sich 19 antike Astronomie-Instrumente befinden. Ein früherer Maharaja im 18. Jh. war sehr interessiert am Sternenhimmel und liess die Instrumente für diverse Messungen von Himmelskörpern erbauen.
Für jedes Sternzeichen existiert ein Instrument, um dieses am Nachthimmel zu finden. Auch andere Arten von Sonnenuhren beeindruckten uns, mit denen je nach Grösse sehr genau (bis auf 2 Sek.) oder bei den kleineren Instrumenten etwas ungenauer (bis auf 20 Sek.) die Zeit bestimmt werden konnte.
Wiederum mieteten wir uns einen Roller, um die Sehenswürdigkeiten ausserhalb des Stadtzentrums zu erreichen. Wir kurvten durch den hektischen Verkehr in der Stadt raus in Richtung Norden zum mächtigen Amber Fort.
Wir staunten nicht schlecht, als wir die Touristen auf den bemalten Elefanten über die grossen Rampen hochkommen sahen.
Das Fort selbst ist wie viele weitere Gebäude aus rotem Sandstein gefertigt, damit ein kühlendes Klima im Palast entsteht. Der König liess für alle zwölf Königinnen je ein Zimmer mit einer eigenen Treppe zu seinem Zimmer erbauen. Im Palast gab es auch ein Hammam, die traditionell arabischen Bäder, sowie einen Spiegelpalast.
Im nach 25 Jahren Bauzeit fertiggestellten Fort sollte man sich wie im Himmel fühlen. Das Amber Fort ist verbunden mit dem höhergelegenen Jaigarh Fort, in welches die königliche Familie während der Kriege jeweils durch einen Tunnel flüchtete.
Auf dem Rückweg machten wir beim Man Sagar See mit dem Wasserpalast einen Stopp. Vom fünfstöckigen Palast sahen wir nur noch zwei Etagen über Wasser, der Rest ist mittlerweile überflutet.
Wir tuckerten den Stadthügel hoch zum Affentempel Galtaji, der schön zwischen den Felsen liegt.
Seinen Namen hält er, weil er das Zuhause für hunderte Rhesusaffen ist.
Am südlichen Ende der Stadt sahen wir uns das Patrika Gate an, wo die einheimischen Kinder zu unserem Erstaunen auf den Inlineskates unterwegs waren.
Per Zug führten wir unsere Reise fort nach Agra.
Agra
Bekannt ist die Stadt vor allem wegen des Taj Mahals, einem der sieben modernen Weltwunder. Dieses wollten auch wir uns nicht entgehen lassen und bekamen beim Sonnenuntergang am Fluss einen ersten Eindruck von den Grössenverhältnissen.
Noch vor Sonnenaufgang spazierten wir mit tausenden anderen Besuchern zu seinen Toren. Die Sicherheitskontrolle für den Zutritt ist hier sogar noch strenger als am Flughafen, denn Kopfhörer, Bücher und Essen sind verboten. Innerhalb der hohen Mauer befindet sich ein Meisterwerk der muslimischen Mughal-Architektur, eine Art indo-islamischer Baustil, das wir durch die grossen Tore betraten.
Der Mogul-Herrscher liess das Taj Mahal für eine seiner Frauen, seine Lieblingsfrau, im 17. Jh. erbauen. Während rund 16 Jahren arbeiteten 20‘000 Arbeiter daran und 1‘000 Elefanten wurden eingesetzt.
Im schönen Morgenlicht spiegelte das Bauwerk im Wasser und die weisse Marmorverkleidung wurde erleuchtet.
Die Wände sind schön dekoriert und weisen unzählige Koraninschriften auf.
Rund ums Taj Mahal stehen vier Minarette und nebenan ist eine riesige Moschee nach Mekka ausgerichtet.
Im Taj Mahal drin sind die Kenotaphe (Scheingräber) des Herrschers und seiner Lieblingsfrau zu sehen. Während das Scheingrab des Herrschers grösser ist und erst später hinzugefügt wurde, sind auf jenem seiner Frau die 99 Namen Allahs aufgeschrieben. Die eigentlichen Gräber liegen viel weiter unten und sind wie auch unzählige andere unterirdische Räume nicht zugänglich. Die letzten Jahre vor seinem Tod wurde der Herrscher von seinem eigenen Sohn ins Rote Fort nebenan verbannt, das wir im Anschluss besuchten.
Die riesige Festungsanlage aus rotem Sandstein erhielt seinen Namen aufgrund des verwendeten Baumaterials und seiner markanten Farbe. Der Eintritt wurde uns am weltweiten Frauentag grosszügigerweise erlassen.
Beim Bau des Roten Forts wurde die Hauptstadt Indiens von Delhi nach Agra verlegt, später aber wieder zurückverlegt, weshalb das Fort an Bedeutung verlor. Es ist das einzige Fort in Indien, in dem alle Mughal-Herrscher einmal lebten. Von einer über 20m hohen und 2.4km langen Mauer werden die darin liegenden Palastbauten aus weissem Marmor, Moscheen und Gärten geschützt.
Wir beobachteten die grünen Papageien und genossen den Blick aufs Taj Mahal nebenan.
Danach zogen wir weiter über den braunen Yamuna Fluss auf die andere Seite zum Itimad Mausoleum.
Dieses wird auch als Baby Taj Mahal bezeichnet und wurde für den Vater der Herrschersfrau errichtet. Die schöne Gartenanlage am Fluss ist komplett symetrisch gebaut und weist auch wieder eine Moschee mit vier Minaretten auf. Das vergleichsweise kleine Grabmal aber liegt nicht wie beim Taj Mahal direkt am Ufer.
Unweit davon liegt mit Chini-ka-Rauzah ein weiteres Grabmal resp. Mausoleum von einem Poeten, das nach Mekka ausgerichtet ist.
Mit dem Bus ging unsere Reise weiter in die Hauptstadt nach Delhi.
Delhi
Mit über 32 Mio. Einwohnern ist Delhi die grösste Stadt Indiens und eine der grössten Städte der Welt.
In der Stadt liegt auch Indiens grösste Moschee und auch eine der weltweit grössten, die Platz für 25‘000 Gläubige bietet. In der Mitte der Freitagsmoschee Jama Masjid gibt es ein Wasserbecken für die vom Koran vorgeschriebene Reinigung.
Wir konnten gar auf eines der 40m hohen Minarette hochsteigen und oben über die Stadt blicken.
Am Khari Baoli, den grössten Gewürzmarkt Asiens, bestaunten wir die Vielfalt der Gewürze und verschiedenen Düfte.
Mit der modernen Metro ging es weiter zu Humayuns prunkvollem Grabmal. Das Mausoleum mit rotem Sandstein und weissem Marmor diente dem später entstandenen Taj Mahal als Inspiration.
Unzählige weitere Gräber nebenan wie jenes vom Barbier des Herrschers wurden gut restauriert und weisen meist eine Moschee nebenan auf. Wie bereits in den anderen Mausoleen sind auch hier nur Kenographen sichtbar und die eigentlichen Gräber liegen darunter. Auch dem India Gate, dem Arc de Triomphe Indiens, statteten wir einen kurzen Besuch ab.
Es wurde als Kriegsdenkmal für die im ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten der indischen Armee errichtet und die Namen der Gefallenen eingraviert.
Mit der Metro ging es weiter zum Lotustempel.
Dieser erhielt den Namen wegen seiner Form, die an eine Lotusblüte erinnert. Das Gebäude ist von Wasser umgeben und gewann zahlreiche Architekturpreise.
Es ist ein Glaubensort für alle Religionen und der Eintritt steht somit allen kostenlos zur Verfügung. Im Tempel drin fühlten wir uns eher wie in einer Kirche als in einem Tempel. Weltweit gibt es acht sogenannte Häuser der Andacht auf allen sechs Kontinenten. Der Lotustempel wurde erst 1986 errichtet und ist der zweitjüngste weltweit. In einem Gespräch mit einem deutschem Volontär lernten wir vieles über die Baha‘i Religion. Das Bahaitum ist die jüngste Weltreligion und erst 1844 im Iran durch den Propheten Baha‘u‘llah entstanden. Weltweit zählt die Religion 8 Mio. Gläubige, wovon Indien mit 2 Mio. am meisten Anhänger aufweist. Das Glaubenszentrum der Religion liegt aber in Haifa, Israel. Der Bahai-Kalender wird in 19 Monate à 19 Tage aufgeteilt und die Bahai treffen sich jeden Monat um zu feiern und über Gesellschaftsthemen zu diskutieren. Es gibt einige Parallelen zum Islam oder Christentum, denn auch im Bahaitum wird im letzte Monat gefastet. Die Bahai vertreten den Glauben, dass ca. alle 1’000 Jahre ein neuer Prophet (Krishna, Jesus, Mohammed etc.) entsandt wird.
Die Religion basiert auf 13 Kernprinzipien, zu denen unter anderem die Gleichberechtigung von Mann und Frau zählt. Sie trinken keinen Alkohol und leben nach dem Dekret kein Sex vor der Ehe - unvorstellbar für uns (also der Alkoholverzicht). Nächstenliebe wird gross geschrieben und die Gläubigen leisten Entwicklungshilfe auf der ganzen Welt. Sie zeichnet die Offenheit gegenüber anderen Religionen aus, denn religionsübergreifende Hochzeiten sind kein Problem. Im Informationszentrum lernten wir noch weitere interessante Fakten über die uns eher unbekannten Religionen wie bspw. der Sikhismus, der v.a. in der Region Punjab in Indien verbreitet ist. Nach all diesen neuen Erkenntnissen ging es per Nachtbus weiter nach Varanasi.
Varanasi
In der heiligen Stadt am Fluss Ganges ist Leben und Tod so nahe beieinander wie kaum sonst wo. Dies lernten wir auf einer Free Walking Tour in der Stadt. Für die Hinduisten ist es wichtig, in Varanasi zu sterben, damit die Seele ins Nirvana geht. Aus diesem Grund gibt es in der gesamten Stadt überdurchschnittlich viele Altersheime, wo die Leute ihre letzten Lebensjahre verbringen. Wir besuchten ein Altersheim, wo nur Leute aus Nepal herkommen, um hier ihre letzte Ruhe zu finden. Sie leben zusammen mit jungen Nepalesen, die danach Priester werden.
Hinweis: Der nachfolgende Inhalt kann verstörend wirken, ist aber auch eine Seite von Varanasi.
Für die Verstorbenen gibt es zwei Burning Ghats (Flusszugänge) am heiligen Ganges. Vor der Verbrennung werden die leblosen Körper als Reinigung zuerst im Wasser gewaschen. Dasselbe gilt für den Angehörigen (meist ältester Sohn), dem die Ehre zukommt, das Feuer zu entfachen. Zuvor werden diesem aber die Haare kahlgeschoren und er wird von Kopf bis Fuss weiss angemalt, weil weiss als Farbe der Reinheit gilt.
Während 2-4h verbrennen die Leichen dann fast komplett, ausser die Brust bei den Männern und die Hüfte bei den Frauen. Einzig verstorbene Schwangere, Kinder und Heilige werden nicht verbrannt, sondern mit einem Stein im Fluss versenkt. Die Asche der Verbrannten wird danach nach Gold und Silber durchsucht, denn damit werden die Toten meist geschmückt. Dies führt dazu, dass die Arbeiter an den 300-400 Verbrennungen jeden Tag (24h Betrieb) gutes Geld verdienen. Eine Kremation kostet die Angehörigen rund Fr. 100-150, wobei ein Grossteil davon für die 280 Kilo Brennholz anfallen.
An den Verbrennungen sind keine Frauen erlaubt, weil diese meist weinen und somit die Seele der Toten nicht ins Nirvana gehen kann. Neben dem Manikarnika Verbrennungsghat liegt der gleichnamige Untergrundtempel zwei Etagen tiefer, in dem wir unsere Anwesenheit den Göttern mittels Ringen der Glocken ankündigten. Im Hinduismus gibt es drei Hauptgötter (GOD): Brahma (Generator), Vishnu (Operator) und Shiva (Distroyer), der eine Schlange als Halskette trägt. Varanasi ist die Stadt von Shiva, weshalb vielerorts in den Strassen Schlangenbeschwörer mit Kobras sitzen.
Ferner ist das Bild von Ganesha an unzähligen Hauseingängen an die Wand gemalt, da dieser Gott für Intelligenz steht.
Theoretisch werden alle Götter ohne das „a“ am Ende geschrieben, wie auch Yoga heisst offiziell Yog. Auffallend ist, dass viele Leute in der Stadt barfuss umherlaufen, um direkt mit den Göttern verbunden zu sein. Schuhe ziehen sie nur wegen des Drecks an und müssen deshalb auch beim Betreten der Tempel ausgezogen werden. So auch beim Nepali Tempel, der vom nepalesischen König erbaut wurde.
Im Tempel drin ist die Gottheit Shiva abgebildet, dessen Bulle man die Wünsche ins Ohr flüstern kann. Aussenrum wird der Tempel von Kamasutra Bildern geziert. Diese stehen für das 25.-50. Lebensjahr, in denen man sein Leben geniessen soll. Ab dem 50. Lebensjahr verzichten ganz Strenggläubige auf alle materiellen Dinge. Die in orange gekleideten Männer vermeiden das Gespräch mit anderen Menschen und leben ohne Habseligkeiten am Flussufer.
Orange sind auch viele Strassen dekoriert oder bemalt, weil dies die Farbe des Hinduismus ist. In Varanasi sind von den 4 Mio. Einwohnern stolze 75% Hinduisten. Die meisten Hinduisten haben ein farbiges Zeichen auf der Stirn, das als Symbol für einen Gott gedeutet wird.
Drei Striche stehen für den Gott Shiva und ein Punkt für gute Energie.
Von den über 75‘000 Tempeln in der Stadt sticht noch der um 9 Grad schräge Tempel am Flussufer hervor, der einzige, an dem niemand betet.
Nebenan liegt ein Stepwell Wasserspeicher, in dessen heiligem Wasser die Gläubigen baden. Auch im Fluss und an dessen Ufer sahen wir Hunderte baden, sich oder ihre Kleider waschen und sich rasieren.
Der Ganges Fluss ist zu unserem Erstaunen sauberer als gedacht.
Vor dem vergoldeten Tempel mit anliegender Moschee sahen wir kilometerlange Schlangen von drei Seiten, die ihre Opfergaben mit Blumen im Tempel niederlegen wollten.
Der Zutritt zum Tempel ist nur Hinduisten vorbehalten. Die 20% Moslems haben direkt am Flussufer eine grosse Moschee zur Anbetung.
Beim Assi Ghat stiegen wir in ein kleines Ruderboot und liessen uns zum Manikarnika Ghat hochchauffieren.
Danach ging es zum Dasaswamedh Ghat, wo nach Sonnenuntergang eine Zeremonie stattfand. Mit Rauch, brennenden Christbäumen und Blumen wurden die Götter angebetet.
Dasselbe sahen wir auch in der Morgenzeremonie kurz vor Sonnenaufgang beim Assi Ghat nochmals.
Nördlich des Stadtkerns liegt im Viertel Sarnath eine grosse buddhistische Tempelanlage. Sarnath ist nebst Lumbini (Geburtsort), Bodhgaya (Erleuchtung) und Kushinagara (Tod) einer der vier heiligen Orte im Buddhismus. Hier hat Buddha das erste Mal nach seiner Erleuchtung vor seinen fünf Anhängern eine Predigt gehalten.
Buddhas Reliquien sind hier unter tausenden Stupas vergraben. Unter der grössten kreisförmigen Stupa wurden Reliquien aus dem 6.-7. Jh. nach Chr. gefunden.
Hier hat Buddha meditiert und es gibt auch ein ehemaliges Kloster. Nebenan im Tierpark grasen die Hirsche entspannt.
Unweit davon liegt der schöne Bodhi Tempel mit einer Buddha Statue und dem Bodhi Baum mit den fünf Gläubern. Rund um den heiligen Baum stehen Gebetsmühlen, bei denen wir betende Buddhisten in weiss gekleidet vorfanden.
Auf der anderen Seite liegt ein chinesischer Buddhistentempel, der für die nach Indien gepilgerten buddhistischen Chinesen steht. Auch ein Thai Tempel mit Kloster ist vorzufinden, neben dem eine 25m hoher Buddha-Figur steht.
Nach dieser kulturellen Exkursion fuhren wir mit dem Nachtzug weiter nach Khajuraho.
Khajuraho und Umgebung
Farman, unseren Gastgeber im Homestay, haben wir bereits in der Wüste in Jaisalmer als Inlandtourist kennengelernt. Er hat uns dort die Idee ausgeredet, wegen der Tiger den bekannten Ranthambore Nationalpark zu besuchen. Die Infos bzgl. Tigerbeständen ändern stets und seien nicht mehr aktuell, meinte er. Die Chancen im Panna Nationalpark sollen mit 95% Sichtungserfolg viel höher sein, weshalb wir noch vor Sonnenaufgang ins Panna Tiger Reserve loszogen. Dieses ist eines von über 20 Tigerreservaten in Indien, in dem derzeit 75 Tiger auf über 500 Quadratkilometer verteilt leben. Nur ein Tiger wird mit einem Halsband getrackt, weil er mal ein Dorf besuchte. Früher war es gar mal ein Jagdgebiet des ehemaligen Maharajas und man sieht heute noch die Jagdhütte.
Bevor wir aber auf Tigerpirsch gehen durften, hatten wir noch das schlimmste Erlebnis in Indien. Da die Nationalparktickets für 18 Jeeps online über Monate ausverkauft sind, standen wir vor Ort in einer Schlange an, um in einem der anderen 17 Jeeps Platz nehmen zu können. Wie es so ist, drängelten natürlich duzende Inder vor und behaupteten, auf irgendeiner korrupten Liste stehe ihr Name und sie hätten angeblich eine Reservation. So erlebten wir die indische Korruption auf höchstem Niveau und uns wurde bewusst, dass auch wir für unsere Rechte resp. einen Platz im Jeep kämpfen mussten. Nach 1.5h in der Schlange stehen, vordrängeln, reklamieren, auf die Tränendrüse drücken und die Ausländerkarte spielen, funktionierte es dann doch noch. Schliesslich bezahlen Ausländer überall höhere Eintrittspreise und wir bekamen die letzten zwei Plätze im letzten Jeep.
Leider kamen immer noch viele Einheimische und auch andere Ausländer nicht in den Park rein und halbleere Jeeps fuhren durch den Park, da man mit genügend Geld auch exklusiv einen Jeep für sich alleine buchen kann.
So starteten wir mit einem schlechten Gewissen als fast einzige zwei Weisse mit rund 150 anderen reichen Indern unsere Tigersafari. Gleich nach dem Parkeingang zahlte sich unser Kampfgeist aus und wir sahen einen Pfau.
Auch mehrere Axishirsche, viele bunte Vögel und die indischen Langurenaffen liessen sich blicken. Kurz darauf kam Aufregung auf, weil zwei weibliche Tiger, eines davon ein Junges, im Gebüsch runter zum Wasser des Ken-Flusses gesichtet wurden. Keine drei Meter neben den Jeeps standen danach zwei männliche Tiger und wir waren froh, das Ganze etwas weiter hinten in der Autokolonne mitverfolgen zu können.
Unweit davon tauchte eine Mutter mit vier Jungen auf. Tigerweibchen können maximal sechs Junge haben, denn jedes benötigt 1-1.5 Jahre Aufzucht.
In einem gestauten Fluss entdeckten wir ein Krokodil und auf der anderen Seite hüpfte ein indischer Mungo, eine Art Wiesel, über die Steine. Auch die grossen blauen Antilopen-Männchen sowie ein grüner Papagei liessen sich zum Abschluss noch blicken.
Zurück im Dorf stiegen wir zu dritt aufs Motorrad, ein Helm ist hier überflüssig, meinte Farman. Er brachte uns zu den Jain Tempeln im Osten, in denen wir zuerst von den Bildern und Skulpturen der komplett nackt pilgernden Mönche und Buddhas überrascht wurden.
Wir lernten aber, dass diese spezielle Rituale haben und sich auch nicht rasieren, sondern die Haare ausziehen. Ein Jain kann jeder werden, der die Instruktionen und Vorgaben erfüllt wie z.B. gar keine Gewalt ausüben oder keine Tiere töten, auch keine Mücken. Aussen um die restaurierten Jain Tempel fanden wir unzählige dekorative Figuren aus Sandstein vor, die handgeschnitzt sind.
Von den rund 84 Tempel rund um Khajuraho sind nur noch 22 erhalten, zu denen auch der Chaterbuja Tempel im Süden zählt. Im Tempel drin sahen wir eine Figur, in der die drei Hauptgottheiten abbildet sind.
Brahma mit einer Papyrusrolle, Vishnu mit der Gitarre und seiner Frau Lakshmi sowie Shiva mit einer Schlange und einem Dreizack. Auch Krishna, die Inkarnation von Vishnu ist mit seinen überkreuzten Füssen und einem Teil seiner 16’808 Frauen zu sehen. Wir lernten, dass die Zahl 7 das Leben symbolisiert und mit vielen Dingen wie z.B. 7 Ozeane, 7 Kontinente, 7 Organe, 7 Wochentage etc. in Verbindung gebracht wird.
Nach einem kurzen Telefon mit Farmans Bruder auf deutsch wurde uns bewusst, dass einige Inder nicht nur mathematisch, sondern auch sprachlich begabt sind.
Beim Shiva Tempel bestaunten wir rundherum die vielen Kamasutra Abbildungen von allen möglich Stellungen. Diese sind immer über den Drachen zu finden und erzählen meist eine Geschichten mit einer Abfolge von Bildern.
Männer mit Bart waren noch nicht reif genug und durften sich nur langsam den nackten Frauen nähern. Bereits anno dazumal waren transsexuelle Menschen bekannt, was aber wohl kaum ein Grund für die vielen geköpften Figuren ist.
Nachdem wir uns sattgesehen haben, fuhren wir an den unzähligen Feldern mit
Senf, Weizen und badenden Büffelherden vorbei zum Raneh Nationalpark.
Vom Motorrad aus fuhren wir an Nilgauantilopen und Langurenaffen vorbei zum Ken Fluss.
Dort sahen wir erneut ein Krokodil in der Ferne, nicht aber den bekannten Wasserfall, da wir in der Trockenzeit reisen. Der Ken Canyon ist der einzige Canyon in Indien und der zweitlängste nach dem Grand Canyon in den USA. Er ist rundum von Lavagestein umgeben.
Auf dem Rückweg machten wir bei einem Bauernkollegen Halt und lernten die Coca Cola Pflanze kennen, deren vollständig getrocknete Beeren die Basiszutat für das Coca Cola bildet.
Auch andere Früchte wie der indische Holzapfel alias Elefantenapfel oder die „green mango pickle“ waren uns neu, die wir mit Chapati zusammen probierten.
Bei den westlichen Tempeln im Dorf entdeckten wir wieder unzählige Kamasutrabilder rund um den Shiva Tempel.
Diesmal waren auf den Darstellungen aber bis zu vier Leuten abgebildet.
Am anderen Ende des Tempels fanden wir Nandi vor. Der Stier ist das Transportmittel von Shiva wie dies z.B. auch das Wildschwein für Vishnu ist.
Nach vier Wochen in Indien haben wir unser Monatsvisum fast vollständig ausgeschöpft, sodass wir mit dem Nachtzug zurück nach Delhi fuhren. Nach den Grossstädten, den Menschenmassen und dem vielen Lärm brauchten wir wieder etwas Erholung und entschieden uns spontan, einen Abstecher auf die nahe gelegenen Malediven am südlichen Ende von Indien zu machen.
Fazit
Vom Sommer auf der Südhalbkugel in Südamerika wechselten wir in den Winter auf der Nordhalbkugel nach Indien. Dies ist die ideale Reisezeit, wenn noch nicht unerträgliche 45 Grad im Frühsommer (Mai/Juni) oder Monsun danach herrschen. Die tief zweistelligen Temperaturen am Morgen stiegen den Tag durch auf 25 Grad an, was sich als perfekte Reisetemperatur herausstellte. Nach einem kurzen Kulturschock zu Beginn und einigen Magenprobleme gefiel uns das Land immer besser. In den vier Wochen haben wir vor allem den Bundesstaat Rajasthan bereist. Weil es uns besser gefiel als ursprünglich erwartet, reisten wir auch noch in die Gegend östlich von Delhi, um diese zu erkunden. Anhand der Fotos sieht man, dass die Hauptsehenswürdigkeiten in Indien meist Bauwerke mit schöner Architektur sind. Für dessen Besichtigung wird überall Eintritt verlangt, von ausländischen Touristen z.T. gar bis 15 mal mehr als für Inder. Dennoch ist Indien wohl eines der günstigsten Reiseländer weltweit. Es erstaunt deshalb umso mehr, dass wir auf unserer Reise nur vereinzelt andere Rucksackreisende wie wir antrafen. Die meisten weissen Touristen waren als organisierte Reisegruppe höheren Alters unterwegs. Westliche Touristen sind sowieso in der Minderheit, denn 95% der Touristen machen die Inder selbst aus. Dies war auch der Hauptgrund, weshalb wir bei allen Sehenswürdigkeiten immer wieder Fotos mit Einheimischen machen „mussten“. Die Einheimischen waren stolz, zwei der wenigen Weissen zu sehen. Die Inder sind immer sehr edel gekleidet - Frauen meist mit einem Kleid und Männer mit einem Hemd.
Seit rund fünf Jahren hat der Inlandtourismus stark zugenommen, weil sich die immer reicher werdende Mittelschicht auch Reisen leisten kann. Aus diesem Grund sind die luxuriösen Langstreckenzüge auf den weniger befahrenen Strecken (z.B. nach Khajuraho) schon Wochen im Vorfeld ausgebucht. So kam es, dass wir unsere Reiseroute jeweils den Zugverfügbarkeiten anpassen mussten. Leider können Ausländer die Züge nicht selbst buchen, weil einerseits die indische Telefonnummer fehlt und andererseits die nationale App „IRCTC“ gar nicht verfügbar ist. Dafür waren die meisten Hostelbesitzer hilfsbereit und konnten uns die Züge buchen.
Als Alternative zu den Zügen gibt es überall komfortable Nachtbusse mit Doppelbetten drin. Wir hatten oft Pech und unsere Busse sind entweder ausgefallen und wir wurden auf einen späteren Bus umgebucht oder sie waren sowieso schon verspätet.
In den Städten selbst kommt man sehr preiswert mit Tuktuks voran, die zu Hauf am Strassenrand stehen.
Man kann zu Spottpreisen wie für Fr. 2 einmal 15km quer durch Delhi düsen. Dank den auf Uber angezeigten Preisen hat man immer auch einen Referenzwert, damit wir die „skin tax“, die Zusatzgebühr für unsere Hautfarbe, teils umgehen konnten.
Allgemein wäre Indien noch viel „schöner“, wenn man nicht von so vielen Leuten abgezockt oder angelogen wird. Die meisten Inder sehen die Ausländer nur als Bankautomaten auf zwei Beinen an und versuchen alles, um sich daran zu bereichern. Viele Tuktuk Fahrer wollten jeweils noch einen Zwischenstopp in einem Souvenirshop einlegen, in denen sie dann ihre Provision bekommen hätten. Sogar von den reichsten Indern wurden wir abgezockt, die mit uns im Safarijeep sassen und schlussendlich mehr Geld von uns haben wollten, weil wir einen Ausländerpreis bezahlen mussten.
Auf die erste Frage jedes Inders „Hello which country?“ antwortet man am besten gar nicht oder wenn dann mit einem ausser-europäischen Land. Aber getreu nach dem Motto „no talking - no problem“ konnten wir die meisten unnötigen Diskussionen umgehen. Alle Inder haben uns immer stolz erzählt, wie viele Freunde sie in Europa haben und uns ihre Kontakte gezeigt. Diese würden ihnen dann helfen, wenn sie mal nach Europa möchten. Meist sahen wir, dass es wohl auch nur Gäste wie wir waren, die mal eine Nacht in einem Hostel verbrachten oder irgendwelche Kunden in einem Shop waren. Auch wir haben ganz viele neue Freunde gewonnen und Adelstitel erhalten, denn wir wurden ständig mit „hello my friend“ oder „hi sir“ auf der Strasse angesprochen. Einer unserer neuen „Freunde“ hatte angeblich sogar ein Schneidergeschäft in Neuchatel, ein anderer stellte einen Monat später seine Bilder im Zürcher Kunsthaus aus. Alles Humbug, wie sich kurz darauf herausstellte.
Bei über einer Milliarde Menschen ist dies auch verständlich, dass man sich von den anderen abheben muss oder weg will. Diese Menschenmassen sind wohl auch der Grund, weshalb Inder überall vordrängeln oder sich bei einem Gespräch selbst ins Zentrum stellen.
Indien hat nach der Covid-Pandemie China als bevölkerungsreichstes Land abgelöst, mittlerweile haben aber auch viele Inder nur noch max. 2 Kinder. Geheiratet wurde wegen der vielen arrangierten Ehen meist früh, was aber auch mit abnehmender Tendenz zu beobachten ist. Auf den Strassen sahen wir äusserst selten Frauen umherlaufen, meist sind diese zu Hause für die Familie oder den Haushalt zuständig. Gleichberechtigung ist für die Inder noch eher ein Fremdwort, denn nur 10% der Frauen arbeiten überhaupt irgendwo. Dabei zählt Indien zu den stark aufkommenden Ländern bzgl. Wirtschaftsleistung, denn es hat die USA bereits überholt und viele Ländern investieren in Indien. Indien ist reich an technischen Experten und so erstaunt auch die kürzlich erfolgte indische Mondlandung nicht. Im Gegensatz zu Europa hat Indien derzeit zu viele Software Entwickler. Vor ein paar Jahren wurde ein Defizit prognostiziert, sodass viele Leute sich umschulen liessen und nun ohne Job dastehen. Aufstrebend ist Indien auch bei erneuerbaren Energien und wir sahen bereits viele Solaranlagen und Windräder. Auch die Hälfte der Tuktuks, die wie sahen, waren elektrisch angetrieben und sogar Tesla will nach Indien expandieren. Dies sehen jedoch die Inder selbst als nicht realistisch wegen der schlechten Strassenverhältnisse. Indien ist ein Exportland für die Agrarwirtschaft (Korn, Zuckerrohr und Mais) und so sind rund die Hälfte der Inder als Bauern tätig.
In der wachsenden Mittelschicht kann sich mittlerweile jeder einen Roller leisten, weshalb das Verkehrsaufkommen und damit auch das ständige Gehupe auf den Strassen extrem zunahm.
Dies trifft auch für die Schere zwischen Arm und Reich zu. Wir sahen viele Obdachlose direkt auf den Strassen oder in einfachen Zelten leben. Die Bettler haben wir jeweils mit einer Banane beschenkt, während die reichen Inder nebenan mit den neuesten iPhones durchspazierten. Dieses Bild zeigt, dass im Land nebst all dem Fortschritt immer noch grundsätzliche Dinge fehlen wie auch eine funktionierende und ökologische Müllentsorgung. Die Leute kippen alles auf die Strasse vor dem Haus oder auf irgendwelche Müllhalden in der Stadt. Darauf machen sich dann die Tiere - vorwiegend Hunde, Ziegen und Kühe - an den Plastik ran und fressen alles Unerdenkliche.
Die Kühe sind überall zu finden und laufen auf den Strassen frei herum. Sie gehören aber alle jemandem und laufen am Abend selbst in ihren Stall zurück. Alle Menschen und Fahrzeuge machen einen grossen Bogen um die Kühe, weil sie im Hinduismus als heilig gelten. Dies, weil der wichtige Gott Krishna mit einer Kuhherde aufwuchs. Der Kuh ist sogar das viertägige Diwali-Fest im November, das wichtigste Fest im Hinduismus, gewidmet. Mit rund 70% Gläubigen ist der Hinduismus die grösste Religionsgruppe Indiens. Die Moslems sind klar in der Minderheit und es gibt immer wieder Konflikte wegen der Religion. Im Hinduismus hat jeder Gott ein dazugehöriges Tier für den Transport, das in den Tempeln jeweils auch abgebildet ist. Wer gutes Karma wünscht, füttert auch die Tiere, wie wir vielerorts gesehen haben. Tiere töten und essen hingegen gibt schlechtes Karma. Aus diesem Grund sind auch sehr viele in Indien Vegetarier. Auch wir haben uns fast ausschliesslich vegetarisch ernährt. Die Auswahl dabei ist riesig und reicht von Palak (Spinat), Aloo (Kartoffeln), Paneer (Hüttenkäse), Daal (Linsen), Bhindi (Bohnen) bis hin zu einer Kombination von allen Spezialitäten auf einer Thali Platte.
Speziell das Daal Makhani, Mutter Paneer, Malai Kofta (alles Nachtessen) und Aloo Paratha (Frühstück) haben es uns angetan. Dazu gibt es meist Reis oder Fladenbrot wie das überall bekannte Naan (helles Mehl) oder vor allem in Rajastan erhältliche Chapati oder Roti (dunkles Mehl). Zu trinken gehört ein indischer Chai-Tee Masala mit Milch und ganz viel Zucker dazu. Obwohl wir immer explizit „not spicy“ bestellten, speiten wir nach fast jeder Mahlzeit Feuer aus dem Mund. Auch nepalesisches Essen wie Momos ist vielerorts erhältlich. Meist kostet eine Mahlzeit Fr. 1 bis 2 pro Person, egal ob im Restaurant auswärts oder im Hostel. Auch ein schönes Doppelzimmer findet man überall für Fr. 10 oder sogar noch weniger. Aufpassen muss man aber bei den Bewertungen, das speziell in Delhi und rund um den Flughafen extrem viele Fake-Hotels mit guten Bewertungen auf den Plattformen zu finden sind, die gar nicht existieren. In den Hostels und Restaurants wird wegen der früheren britischen Kolonialherrschaft überall Englisch gesprochen. Obwohl Englisch nebst Hindi eine Nationalsprache ist, kann aber noch lange nicht jeder im Land Englisch. Auch sonst ist noch vieles von den Briten vorhanden wie z.B. die guten Zugstrecken, die täglich von 25 Mio. Indern genutzt werden oder die Motorfahrzeuge, die auf der linken Fahrspur fahren.
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